Das Start-Up Up-Preneurs bietet professionelles Upcycling für Unternehmen: Durch Kreislaufwirtschaft entstehen aus Lagerüberschüssen, Ausschussmaterialien oder Retouren neue Gebrauchsgegenstände. Im Interview erklärt die Gründerin Claudia Allonas unter anderem, wie Upcycling zur erfolgreichen Business-Strategie wird und warum inspirierende Vorbilder wichtig sind.
Upcycling: nachhaltig und wertschöpfend zugleich
Die Wetzlarerin Claudia Allonas hat zahlreiche Erfahrungen in der Prozessoptimierung gesammelt und sich als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der TU Hamburg-Harburg mit Nachhaltigkeit beschäftigt. Mit ihrem Start-Up Up-Preneurs kombiniert sie beide Aspekte. „Was passiert mit all den Ausschussprodukten, B-Waren und Retouren? Ich habe überlegt wie man diese nutzen kann und so kam mir die Geschäftsidee. Ich will mit meinem Start-Up Abfall reduzieren und einen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft leisten.‟
Und die Gesetzgebung spielt ihr in die Hände. Am 29. Oktober 2020 ist das Gesetz zur Umsetzung der EU-Abfallrahmenrichtlinie in Kraft getreten. So will die Bundesregierung dafür sorgen, dass Abfälle vermieden und Ressourcen effizienter genutzt werden. Das Gesetz zur Abfallrahmenrichtlinie soll unter anderem dafür sorgen, dass Neuwaren und Retouren nicht mehr vernichtet werden.
Genau hier setzt Allonas’ Business an: Ob Schaumstoff, Leder, Metall oder Textilien – durch ihr großes Netzwerk findet die Gründerin immer eine Möglichkeit, Unternehmen an Produktdesigner zu vermitteln und die verschiedensten Materialien aufzuwerten.
Und wenn Allonas mal kein Potential im Upcycling sieht, schaut sie, ob eine andere Firma das Material als Rohstoff nutzen kann.
Für Unternehmen fallen nicht nur Lager- und Verschrottungskosten weg, sondern sie können mit dem neuen Produkt neue Umsätze generieren. Weitere positive Aspekte sind der schonende Umgang mit Ressourcen, eine nachhaltige Energieeffizienz und ein reduzierter CO₂- Ausstoß.
Übrigens ist die Gründerin noch offen für Pilotkunden und freut sich über Unternehmen, die aus ihren Materialresten und Retouren nachhaltige und qualitativ hochwertige Produkte kreieren lassen möchten.
Ihr Ziel: Ein Tinder für Upcycling
Claudia Allonas plant in Zukunft außerdem eine Plattform, in der sie alle Designer nach den unterschiedlichsten Materialien sammelt, ob Papier, Leder, Textilien oder Metall. Bisher liegen alle Informationen in einer privaten Datenbank. „Ziel ist es, dass das irgendwann automatisiert in einer Plattform funktioniert. Dadurch können Unternehmen direkt passende Ansprechpartner*innen finden.‟ So haben die Unternehmen eine Übersicht und eine große Auswahl an Produktdesignern für verschiedenste Upcycling-Projekte aus allen Unternehmensbereichen.
Zum Fortschritt der Region beitragen
Die 42-jährige hat ihr Start-Up im Januar 2020 gegründet und hat sich im Vorfeld Unterstützung gesucht: „Als erstes war ich bei der IHK in Wetzlar, um eine Rückmeldung zu bekommen, ob mein Business erfolgreich sein könnte. Dort habe ich auch Hilfe beim Businessplan und die ersten relevanten Kontakte bekommen.‟
Claudia Allonas hat bereits in Mannheim, Hamburg und Frankfurt gelebt. Aufgrund der familiären Situation ging es wieder zurück in ihre Heimat Wetzlar. Für sie spricht einiges für Mittelhessen: „Hier kann man etwas zu bewegen. Und ich kenne einige Start-Ups, die in der Gegend erfolgreich sind. Ich finde es einfach schön wenn man zum Fortschritt der Region beitragen kann‟, fasst sie ihre Gedanken über die Region zusammen.
Familienleben und Gründung sind kein Widerspruch
Claudia Allonas träumt schon lange von der eigenen Gründung. „Ich habe lange gezögert, was das Gründen angeht. Ich bin dreifache Mutter, lebe in einer Kleinstadt und bin wenig flexibel. Für mich stand das lange in Widerspruch zu einer Gründung. Dabei denke ich heute, dass ich das viel früher hätte machen können.‟
Während bei anderen Start-Ups sechzig bis achtzig Wochenstunden gang und gäbe sind, nutzt die Gründerin viele Abendstunden, um ihr Business voranzutreiben, „oder wenn die Kinder verabredet sind, setze ich mich zwischendurch an den Schreibtisch. Wenn man als Mutter gründet, geht einfach alles etwas langsamer voran. Bis mein Mann nicht mehr arbeiten muss, vergeht also noch etwas Zeit‟, erzählt sie lachend.
Förderung vom Land Hessen
Mit dem Förderprojekt „Sozialinnovator Hessen‟ unterstützt das Land Hessen kostenlos soziale Gründer*innen beim Weg in die Selbständigkeit und der Etablierung ihres Geschäftsmodells. Hierfür hat das Hessische Wirtschaftsministerium gemeinsam mit dem Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland e.V. (SEND) das Projekt ins Leben gerufen, um den besonderen Bedürfnissen von Social Entrepreneurs gerecht zu werden – und Claudia Allonas ist eine von ihnen. „Über das Technologie- und Innovationszentrum Gießen (TIG) habe ich von dem Programm erfahren. Ich bin seit September dabei und konnte schon sehr davon profitieren, etwa in Form von Workshops zu Vertrieb, Steuern oder Recht. Außerdem gibt es persönliche Coachings, die ich mir sonst nicht hätte leisten können‟, schildert die Gründerin ihre positiven Erfahrungen. Das Programm ist vorerst bis Ende des Jahres 2020 angesetzt, bei positiver Rückmeldung soll es verlängert werden.
Inspirierende Vorbilder
Neben dem Sozialinnovator-Programm erhält sie über den Verein Wirtschaftspaten Unterstützung, regelmäßig erhält sie von einer ehemaligen Führungskraft wertvolle Denkanstöße. Außerdem liest Claudia Allonas viel, denn „in Büchern finde ich oft Vorbilder, die mich inspirieren. Bei mir sind das vor allem andere Frauen und Mütter in der Wirtschafts- und Start-Up-Welt‟ erzählt sie, so etwa Sigrid Evelyn Nikutta. Nikutta ist Vorstandsmitglied der Deutschen Bahn und verantwortlich für das Ressort Güterverkehr und Vorstandsvorsitzende von DB Cargo. „Güterverkehr ist keine sexy Branche. Aber Frau Nikutta tritt sehr selbstbewusst auf und bringt mit ihrer frischen Persönlichkeit so viel positive Energie in dieses verstaubte Umfeld – und ist selbst Mutter von fünf Kindern. Solche Persönlichkeiten faszinieren mich‟, sagt Allonas begeistert.
Und wer Claudia Allonas selbst mal erlebt hat, der ist mit sehr hoher Wahrscheinlich auch von ihrer Persönlichkeit fasziniert.
Wir wünschen der Gründerin mit ihrem Start-Up alles Gute!