Marburg
gehört zur „Apotheke der Welt“ – heute wie seit Jahrhunderten. Einem der berühmtesten Vertreter dieser „Apotheke“ widmet sich die neue Stadtschrift
„Emil von Behring in Marburg“. Mit einer Lesung im Historischen Rathaussaal hat sie die Autorin und Medizinhistorikerin Dr. Kornelia Grundmann nun
der Öffentlichkeit vorgestellt – am Vorabend der jährlichen Verleihung des Nobelpreises für Medizin in Stockholm, mit dem Behring selbst 1901 ausgezeichnet
wurde.
„Die vielschichtige Persönlichkeit Emil von Behrings besonders in seinen Marburger Jahren durch dieses Lesebuch zu entdecken, ist
eine eindrückliche Reise in das Leben und Wirken des ersten Mediziners, der den Nobelpreis erhielt“, sagte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies bei der
Begrüßung im vollbesetzten Rathaussaal. Mehr als 100 Gäste waren zur Vorstellung der neuen Stadtschrift gekommen. „Behrings medizinische Entwicklungen
führten zu zahlreichen Spuren, die er bis heute in der Stadt hinterlassen hat. Dieses Lesebuch lässt Emil von Behring zur lebendigen Personen werden
und macht die Geschichte greifbar. Dafür danke ich der Autorin Dr. Kornelia Grundmann sehr herzlich“, so OB Spies.
Auch Prof. Dr. Irmtraut Sahmland, Vorsitzende des Fördervereins „Emil von Behring“, freute sich über die zahlreichen Besucher*innen. Zeuge das doch von
einem großen Interesse der Marburger*innen an der Person Emil von Behrings und der medizinischen Forschung. Dass diese Neuerscheinung nun in die Marburger
Stadtschriften aufgenommen wurde, sei ein gelungener Ausdruck der vielfältigen Verbindungen zwischen Universität, Forschung und Stadt. Der Autorin
Grundmann dankte Prof. Sahmland für die ausführliche Darstellung von Behring in Marburg – als Forscher, Professor, Unternehmer, Kommunalpolitiker und
Familienvater.
Eine Kostprobe von alledem präsentierte die Medizinhistorikerin und ehemalige Kuratorin des Museum Anatomicum, Dr. Kornelia Grundmann, den Zuhörer*innen,
als sie Passagen aus ihrem Buch vorlas. Persönliche Einblicke in Behrings Leben gaben Briefwechsel mit Weggefährt*innen aus der Medizin oder ein Brautbrief
an seine Frau Else, die er liebevoll seine „kleine Philosophin“ nannte. So erfuhr das Publikum beispielsweise auch, dass Behring gern gegen 22 Uhr
zu Bett ging und nicht selten um 2 Uhr nachts schon wieder aufstand, um „endlich mal in Ruhe arbeiten zu können“, oder dass sich die Gartenfeste im
Hause Behring mit allerlei Köstlichkeiten großer Beliebtheit erfreuten. Auch den Hintergrund der Bezeichnung „Zaunkönig“ der Marburger*innen für Emil
von Behring erläuterte Grundmann: Der Forscher und Unternehmer legte das Geld aus der Vermarktung seines Heilserums gegen Diphterie und das Preisgeld
des Nobelpreises vornehmlich in Immobilien an, die er – als einer der größten Grundbesitzer der Stadt – allesamt mit Stacheldraht einzäunen ließ.
Grundmann untermalte ihren Vortrag mit einer Präsentation aus historischen Fotografien und Abbildungen von Dokumenten, die sie im Saal vorführte. Diese
zeigte unter anderem Behrings Nobelpreisurkunde, ein Bild von seiner Hochzeit, Else von Behring mit fünf Söhnen vor dem Wohnhaus, das Ehepaar im Wintergarten,
die versammelten Hausangestellten in Marburg, den Forscher mit Kollegen im Labor, oder bei der Diskussion im so genannten Biologischen Kränzchen. Dazu
gibt es im Buch Fotos der Universitätsstadt als Ganzes sowie einzelner Wirkungsstätten aus der Zeit ebenso wie von Behring als jungem Militärarzt oder
des Trauerzugs vor der Elisabethkirche nach seinem Tod am 31. März 1917.
Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung von dem zwölfjährigen Jonathan Widdascheck, Schüler der Musikschule Marburg, der am Flügel Werke von Frédéric
Chopin undBohuslav Martinu spielte. Dass auch im Hause Behring gern Chopin gehört wurde, weiß die Nachwelt wiederum aus Briefen von Behrings Frau Else
an ihre Mutter.
Das Besondere an Grundmanns Werk ist, dass die Autorin ein Augenmerk auf Emil von Behrings Zeit in Marburg ab 1895 legt, die in Veröffentlichungen bisher
weniger im Vordergrund stand. Dabei macht Emil von Behring selbst in vielen seiner Briefe deutlich, dass Marburg zu seiner zweiten Heimat wurde. So
schrieb er zum Beispiel in einem Brief an seinen Freund und Weggefährten Friedrich Althoff über Marburg als: „[…] eine zum Naturgenuß einladende
Stadt, wie’s kaum eine zweite gibt unter unseren Universitätsstädten“ (S. 142). Als Quelle für ihr „Lesebuch“ nutzte Kornelia Grundmann den Nachlass
Emil von Behrings, der 2011 der Philipps-Universität übereignet wurde. Grundlage sind zudem viele weitere Quellen, Behrings Herkunft, die Familie,
seine Persönlichkeit sowie seine Lebensstationen. Durch diese Rechercheleistung entstehen persönliche Einblicke in Briefwechsel von Behring mit seinen
Zeitgenoss*innen, aber auch eine Spurensuche nach wenig entdeckten Wirkungsstätten Behrings in Marburg. Die Leser*innen lernen das Leben und Wirken
Emil von Behrings kennen und finden zum Teil bislang unveröffentlichtes Bildmaterial sowie persönliche Zitate und Korrespondenzen.
„So schließt Dr. Grundmanns Arbeit eine weitere Lücke in der von den Naturwissenschaften bis heute geprägten Stadtgeschichte und knüpft an den Wunsch,
sie gegenwärtig und lebendig zu halten“, sagte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies. Gemeinsam mit der Autorin dankte er auch den Sponsoren der Publikation:
dem Förderverein Emil von Behring, der CSL Behring GmbH, der Von Behring-Röntgen-Stiftung, der Sparkasse Marburg-Biedenkopf und der Pharmaserv GmbH.
Die 247 Seiten starke Publikation „Emil von Behring – ein Lesebuch“ erscheint als Band 112 der Stadtschriften-Reihe zur Geschichte und Kultur im Rathaus-Verlag,
ISBN 978-3-942487-14-6. Das Buch kostet 12 Euro und ist ab sofort erhältlich im Fachdienst Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Universitätsstadt
Marburg, Rathaus, Markt 1, (06421) 201-1346, pressestelle@marburg-stadt.de,
per Online-Formular oder im Buchhandel. Weitere Informationen gibt es unter www.marburg.de/stadtschriften.