Im September jährte sich der Wiederaufstieg der Marburger Damen-Bundesliga-Mannschaft zum 25. Mal, damals in der Basketball-Abteilung des VfL 1860 Marburg. Seitdem spielt das Team ununterbrochen im Oberhaus – seit der Saison 1997/98 als eigens dafür gegründeter BC Marburg. Das macht Marburg zum dienstältesten Standort in der 1. Bundesliga.
Zum Jubiläum Anfang März kamen rund 120 Gäste ins Congresszentrum. Mannschaft, Vorstand, Helfer, Sponsoren und Freunde hielten Rückschau auf ein Vierteljahrhundert
Spitzenbasketball in Marburg. Und manche hörten zum ersten Mal davon, dass die Tradition noch weiter zurückreicht: in die 70er Jahre.
BC-Präsident Oliver Pohland sagte in seiner Begrüßung, er halte es für einen Fehler, für nationale Titel ausschließlich auf ausländische
Spielerinnen zu setzen. Denn: „Wer soll dann in den Auswahlmannschaften internationale Erfolge holen?“ Natürlich würden auch dem BC Import-Spielerinnen
helfen, doch: „wir sind ein kleiner Verein mit einer großen Vision: Wir wollen in der Bundesliga der attraktivste Verein für deutsche Spielerinnen
sein“ – und das, ohne die Breitensport-Mannschaften und den männlichen Bereich zu vernachlässigen.
Der Hessische Staatsminister Dr. Thomas Schäfer betonte die soziale Funktion des Sports für die Gesellschaft und appellierte an die Spitzensportlerinnen,
ihre Vorbildfunktion für die ihnen nacheifernden Jugendlichen zu erfüllen. Zum Sport gehören auch, „das Verbindende zu suchen und das Miteinander zu
pflegen“, sagte Schäfer und dankte den Vereinsverantwortlichen für ihren Einsatz. Denen übergab er, weil das – wie er sagte – von einem Finanzminister
erwartet würde, ein Geldgeschenk und einen kleinen hessischen Löwen. „Den kann ich auch in Lebensgröße besorgen, damit Sie die Gegner abschrecken können“,
sagte er.
Marburgs Stadträtin Kirsten Dinnebier lobte das Engagement der Ehrenamtlichen, vom Vorstand bis zu den Helfern. Dabei hob sie den BC-Ehrenpräsidenten
Jürgen Hertlein hervor, der „sich in den zurückliegenden 20 Jahren auch durch missliche Lagen hindurchgekämpft“ habe. „Andere spielen mit Söldnertruppen
für den kurzfristigen Erfolg“, sagte die Stadträtin. In Marburg gäbe es dagegen „gute Strukturen“ um den Marburger Basketball: mit dem MBLZ sowie drei
hauptamtlichen Trainern. Dinnebier hob auch den Einsatz der Bundesliga-Spielerinnen für das BC-Handicap-Team hervor und sagte: „Die Belastung mit Spitzensport,
Beruf und Studium geht nur mit viel Enthusiasmus.“
Michael Rüspeler, Präsident des Hessischen Basketball-Verbandes, beglückwünschte zum Jubiläum die Ehrenamtlichen: Vorstand, Helfer, Kampf-
und Schiedsrichter, ohne die es keinen Spitzenbasketball gebe. Der HBV-Chef betonte die Verdienste des BC um den heimischen Nachwuchs, verbunden mit
dem Wunsch, „dass die gute Kooperation der mittelhessischen Vereine gewinnbringend fortgesetzt wird“. Er sei stolz, dass von den fünf Nationalspielerinnen
im Marburger Kader drei Hessinnen sind, die alle sämtliche Jugendauswahlmannschaften des Landesverbandes durchlaufen haben: Svenja Greunke, Finja Schaake
und Stephanie Wagner. Auch Rüspeler übergab dem Vorstand des einzigen hessischen Erstligisten im Damen-Basketball ein Geldgeschenk.
Für Achim Barbknecht, Geschäftsführer der Planet-Photo-DBBL, sticht in den 25 Marburger Bundesliga-Jahren eines hervor:
die Kontinuität. Während eines Vierteljahrhunderts habe man dort gerade einmal so viele Trainer gehabt, „wie mancher Fußball-Bundesligist während einer
einzigen Saison“. Diese Kontinuität gelte in Marburg auch für das gesamte Umfeld mit Sponsoren, Fans, Helfern und einem funktionierenden Vorstand.
„Das gibt den Spielerinnen Sicherheit. Und das würde ich mir für die Liga von mehr Vereinen wünschen“, sagte Barbknecht.
Eine kleine Ausstellung mit Souveniren und Trophäen gaben den Besucher Anlass, Erinnerungen und Anekdoten auszutauschen. Dabei kam heraus, dass die Schützin
des ersten Marburger Korbes nach dem Wiederaufstieg, Cornelia Günther, die Patentante von Finja Schaake ist, derzeitige Topscorerin des Pharmaserv-Teams.
Während der Feier zur 25-jährigen Marburger Zugehörigkeit zur 1. Bundesliga im Congresszentrum Marburg erfuhren die Gäste einige Fakten und Anekdoten aus
dem Vierteljahrhundert. Zum Beispiel, dass alle Fahrten – allein für die bisher 342 Bundesliga-Auswärtsspiele – addiert rund fünf Mal um die Erde führen
würden. Oder dass der Abstieg im Jahre 1994 nur durch das Tragen violetter Trikots verhindert wurde. Auch gab es eine Erklärung dafür, warum zu einem
Playoff-Spiel in Aschaffenburg vor 19 Jahren der komplette BC-Fan-Block in Anzug und Krawatte auflief.
Ausgestellt waren unter anderem das Hallenheft zum allerersten Spiel am 19. September 1992 sowie Original-Plakate zum „Finale“ um den Klassenerhalt am
12. März 1994 und dem Pokal-Top-Four im März 2003, bei dem der BC seinen ersten nationalen Titel holte. Mannschaftsfotos aus allen Spielzeiten waren
ebenso zu sehen, wie 25 Original-Trikots – aus jeder Saison eines. Alles aus Privatbesitz von Fans.
Ein Trikot gab es auch als Geschenk: Philipp Reuner, vom Männer-Erstligisten Giessen 46ers überreichte dem BC-Präsidenten ein von Spielern seiner
Mannschaft signiertes Nostalgie-Jersey mit der Nummer 25.
Die Besucher konnten alle neun bisher gewonnenen Medaillen der Marburgerinnen ebenso bewundern wie mehrere Siegerwimpel und den am vorigen Wochenende gewonnenen
Pokal für den zweiten Platz im CEWL-Europacup. Wertvollster Teil der Ausstellung war die Trophäe für den Deutschen Meister. Die gewann der BC im Jahre
2003. Nun brachte der Liga-Geschäftsführer das Original eigens für das Jubiläum für ein paar Stunden mit nach Marburg. Und auf einer Großleinwand lief
eine Fotopräsentation.
Zu den Gästen gehörte auch Karl-Heinz Kuhn. Der 79-Jährige hatte Anfang der 70er Jahre gemeinsam mit Hannes Kleinhenz die Marburger Basketball-Mannschaft
mit ins Leben gerufen, wie er erzählte. „Als Leichtathlet war ich für die Kondition der Spielerinnen zuständig. Sie haben mich immer ,Locker antrabenʻ
genannt, weil das mein Spruch war“. Bis zum Schloss habe er die Mädels hoch gehetzt. Auch während der Saison nach dem Wiederaufstieg habe er geholfen,
die VfLerinnen fit zumachen. Inzwischen arbeite er mit Hilde Rektorschek zusammen – für das Konditionstraining des Handicap-Teams. Und er ist immer
noch regelmäßiger Besucher der Bundesliga-Heimspiele.
Marcus Hesselbarth ist laut eigenen Angaben zwar kein Fan und Helfer der erste Stunde, „aber so seit 20 Jahren bin ich dabei“. Dafür wurde er vom
BC-Präsidenten während dessen Rede ausdrücklich gelobt. Feier und Ausstellung fand Hesselbarth „total interessant. Es kommen viele Erinnerungen hoch
und ganze Gefühlswelten“. Und es sei „toll, mal wieder das Brett zu sehen“, sagte er und bezog sich auf die Meistertrophäe. „Ich habe mich auf den
Abend gefreut, und darauf, die Zeit Revue passieren zu lassen.“ Witzig findet er: „Heute sind Spielerinnen in der Mannschaft, die damals noch gar nicht
geboren waren.“
Eine davon ist Kim Winterhoff. Sie ist 22 Jahre alt und bestritt mit 16 ihr erstes Bundesliga-Spiel – für den BC. Das Basketball spielen lernte
sie bei der SG Wallau/Laasphe, bevor sie zum Training nach Marburg pendelte. Für eine Schülerin kein unerheblicher Zeitaufwand. „Ich finde den Abend
cool und habe manches über die Mannschaft erfahren, das ich noch nicht wusste“, sagte die Flügelspielerin. Die Trikots aus ihrer ersten Saison habe
sie noch, die anderen alle verschenkt. Eins davon steuerte nun ein Fan zur Ausstellung bei. „Es ist cool, ein Teil davon zu sein. Und es ist schön,
mal mit einigen Leuten zu sprechen, wozu man in der Halle manchmal nicht so die Zeit hat“, sagte die 22-Jährige.
Hans Brauer ist schon länger mit dem Marburger Basketball verbunden als die 25 Jahre. Er trainierte das VfL-Team bereits in der Zeit vor dem Abstieg
Anfang der 80er – und dann nochmal 2004/05. Der pensionierte Lehrer sprach von einer „sehr gelungenen Veranstaltung, 25 Jahren Bundesliga würdig“.
Brauer lobte das Engagement der beiden Vorstandsmitglieder Christine Hellkötter und Björn Backes über die vergangenen 14 Jahre: „Ohne sie gäb es keine
Bundesliga mehr in Marburg.“ In dieser Saison solle man nicht zu hohe Erwartungen haben, sagte der Schwiegervater des derzeitigen Cheftrainers. Die
Liga sei zu ausgeglichen, da könne alles passieren. „Aber die Mädels sind alle so bei der Sache und sie haben jetzt auch internationale Coolness gelernt“,
ist der 64-Jährige optimistisch.
(Bericht von Marcus Richter)