„VOICE“ ist ein Projekt des Landkreises Marburg-Biedenkopf, der Universitätsstadt Marburg und der Agentur
für Arbeit Marburg zur Integration von geflüchteten Menschen. Nach dem Projektstart 2015 zogen der Erste Kreisbeigeordnete Marian Zachow, Marburgs Stadträtin Dr. Kerstin Weinbach und der Chef der Agentur für Arbeit, Volker Breustedt, nun gemeinsam mit Vertretern der Firma Krug Kunststofftechnik in Breidenbach Bilanz.
Im Landkreis Marburg-Biedenkopf und in der Universitätsstadt Marburg leben derzeit 2.075 Asylbewerber sowie 1.437 anerkannte geflüchtete Personen (inklusive
Kinder und anderen nicht Erwerbsfähigen). „Die gesellschaftliche und arbeitsmarktliche Integration dieser Menschen in der Region ist für alle Beteiligten
eine große Herausforderung. Deshalb wurde im Juni 2015 das Projekt ,VOICE‘ ins Leben gerufen, mit dem durch eine koordinierte Zusammenarbeit des Landkreises
Marburg-Biedenkopf, der Stadt Marburg und der Agentur für Arbeit Marburg die Integration von geflüchteten Menschen auf vielfältige Weise gefördert
werden soll“, sagte der Erste Kreisbeigeordnete Marian Zachow. „VOICE“ steht als Kürzel für die fünf Säulen des Programms: vocational (Berufe kennenlernen),
orientation (Orientierung), information (Information), culture (Kultur) und experience (Erlebnis).
„Seit dem Start von „VOICE“ wurden 259 Geflüchtete erfolgreich in den Arbeitsmarkt integriert, das entspricht angesichts der Anzahl von 1.437 Antragstellern
im KreisJobCenter (KJC) einer Quote von 18 Prozent. Das ist mehr als wir erwartet haben, vor allem, wenn man bedenkt, dass diese Menschen zum Teil
nicht einmal ein Jahr bei uns leben“, unterstrich Marian Zachow. Zum Vergleich: Deutschlandweit haben von 400.000 arbeitssuchenden Flüchtlingen gerade
einmal zehn Prozent einen Job bekommen.
„Wir haben innerhalb eines Jahres einen Anstieg von 32 Prozent bei der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte aus nichteuropäischen
Asylherkunftsländern zu verzeichnen. Dabei hat die Beschäftigung deutscher Arbeitskräfte nicht gelitten“, so der Chef der Agentur für Arbeit Marburg,
Volker Breustedt. Auf Hessenebene sei dabei nur ein Anstieg von 22 Prozent zu verzeichnen.
Als sehr erfolgreich bewerteten Zachow, Dr. Weinbach und Breustedt die Arbeit des gemeinsamen und erst jüngst weiterentwickelten Kooperationsprojektes
„Arbeitsmarktbüro für Flüchtlinge“ in der Agentur für Arbeit Marburg. Das Büro ist eine Anlaufstelle für Informationen rund um Arbeitsgenehmigung,
Arbeitssuche und -vermittlung, Förderung der Arbeitsaufnahme, Qualifizierung und Anerkennung von Abschlüssen. Hier wurden 609 Asylsuchende betreut.
Mit den Kandidaten für eine Arbeitsstelle und den Arbeitgebern wurden mehr als 1.200 Beratungsgespräche geführt.
Im Kreisjobcenter haben 630 Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Info- und Beratungsveranstaltungen auf Arabisch und Tigrinya (Sprache in Äthiopien und Eritrea)
teilgenommen.
Bei „VOICE“ hat das Element der beruflichen Orientierung und Information über heimische Betriebe in der Region eine herausragende Stellung eingenommen.
Ziel ist dabei, wichtige und grundlegende Informationen über den deutschen Arbeitsmarkt, beispielsweise die Notwendigkeit einer beruflichen Ausbildung,
zu vermitteln. Von Betriebsbesichtigungen im Landkreis Marburg-Biedenkopf haben 366 Geflüchtete Gebrauch gemacht.
Jochen Krug von der Firma Krug sieht die Geflüchteten als Gewinn für sein Unternehmen und nannte zwei Beispiele durch „VOICE“. „Hiyabu Seid aus Eritrea
ist über eine Einstiegsqualifizierung zu uns gekommen und hat im Anschluss daran eine Ausbildung zum Verfahrenstechniker begonnen. Durch seinen erfolgreichen
Spracherwerb und sein berufliches Talent konnte seine Ausbildung sogar um ein Jahr verkürzt werden. Er ist eine echte Bereicherung, besonders die Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter haben ihn herzlich und unterstützend aufgenommen.“ Krug bedankte sich zudem für die Unterstützung des ehrenamtlichen Flüchtlingshelferkreis
in Breidenbach.
Auch Osman Getahun-Ibrahim aus Eritrea habe sich durch großes Interesse und große Sprachkompetenz in der Firma Krug hervorgetan, erzählt Geschäftsführer
Jochen Krug. Er wird demnächst ein Praktikum in dem Unternehmen absolvieren. Diese Beispiele zeigten, dass das „VOICE“-Programm für Arbeitgeber Chancen
bietet.
Zur sozialen Integration gehören bei „VOICE“ auch die Teilnahme an Kultur-, Informations- und Erlebnisveranstaltungen. „Wir sind davon überzeugt, dass
ein Ankommen in einem neuen Land am besten funktioniert, wenn Arbeit und gesellschaftliche Teilhabe zusammenkommen. Arbeitsmarktintegration und soziale
Integration bedingen einander. Deswegen bieten wir diese umfassende Beratung an“ so die Marburger Stadträtin Dr. Kerstin Weinbach.
Die Akteure setzen auf Ganzheitlichkeit. Bisher haben 661 Interessenten an Veranstaltungen im Bereich des sozialen, kulturellen und den Betriebsbesichtigungen
teilgenommen. Die sprachliche Integration soll weiter entwickelt werden. Abschließend riefen die Akteure regionale Unternehmen auf, den Geflüchteten
Möglichkeiten für Praktika zu geben. Interessierte Arbeitgeber können sich an das gemeinsame Arbeitsmarktbüro von Agentur für Arbeit und Kreisjobcenter
unter der Telefonnummer 06421 605-322 wenden.