Immer mehr
Betriebe geben an, dass sie ihre Lehrstellen nicht besetzen können. Obwohl die duale Ausbildung den Grundpfeiler für den Erfolg vieler Betriebe bildet,
sinkt die Ausbildungsbeteiligung in Hessen seit Jahren kontinuierlich. Dies geht aus dem aktuellen Betriebspanel des Instituts für Arbeitsmarkt- und
Berufsforschung (IAB) hervor. Die wichtigsten Ergebnisse der Befragung:
Der seit 2008 zu beobachtende Rückgang bei der Ausbildungsbeteiligung hält an. 2016 bildeten lediglich 26 Prozent aller Betriebe aus. Besonders gering
fiel das Engagement bei den Kleinst- und den Dienstleistungsbetrieben aus.
Der Anteil ausbildungsberechtigter Betriebe ist ebenfalls rückläufig. 2016 erfüllten nur 55 Prozent der hessischen Betriebe die gesetzlichen Voraussetzungen
zur Berufsausbildung – ein Rückgang um neun Prozentpunkte in den vergangenen fünf Jahren.
Lediglich 47 Prozent der ausbildungsberechtigten Betriebe bildeten tatsächlich aus. Im Verarbeitenden und im Baugewerbe hat sich die Bereitschaft deutlich
verringert.
Die Ausbildungsintensität der hessischen Betriebe hat sich 2016 nicht verändert. Dies belegt die Ausbildungsquote (der Anteil der Auszubildenden an
allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten), die mit 4,4 Prozent dem Vorjahreswert entspricht.
Die Anzahl der angebotenen Ausbildungsstellen blieb auf hohem Niveau. Es gelang, 85 Prozent der Stellen zu besetzen. Die größten Probleme bei der Besetzung
der Ausbildungsstellen hatten das Baugewerbe und Kleinbetriebe.
23.400 der 35.300 Ausbildungsabsolventen wurden hessenweit von ihren Ausbildungsbetrieben übernommen. Die Übernahmequote betrug damit 66 Prozent. Besonders
gute Übernahmechancen boten das Verarbeitende Gewerbe (82 Prozent) und Großbetriebe (76 Prozent).
Zusätzliche Leistungen der Betriebe
Auszubildende müssen gerade in ländlichen Regionen zum Teil weite Wege zur Berufsschule in Kauf nehmen. Dabei entstehen neben Fahrtkosten häufig auch Übernachtungskosten.
Das IAB-Betriebspanel ist 2016 der Frage nachgegangen, inwieweit sich Ausbildungsbetriebe an diesen Kosten beteiligen: 17 Prozent der gegenwärtig ausbildenden
Betriebe in Hessen haben Auszubildende, die auswärtige Berufsschulen besuchen. Überdurchschnittlich häufig befinden sich die betroffenen Ausbildungsbetriebe
in Nord- sowie Mittelhessen und gehören tendenziell eher zum Produzierenden Gewerbe. Gut zwei Drittel der Betriebe trugen alle oder zumindest einen
Teil der dabei entstandenen Kosten für Fahrt, Übernachtung oder Verpflegung. Nur 15 Prozent der Betriebe übernahmen keine Kosten.
Dass Betriebe mittlerweile mehr Anreize schaffen müssen, um Schulabsolventen von sich zu überzeugen, weiß auch Dr. Frank Martin, Leiter der Regionaldirektion
Hessen: „Betriebe müssen sich nicht nur bei potenziellen Kunden gut platzieren. Auch Schülerinnen und Schüler brauchen eine adäquate Ansprache und
somit die Betriebe eine gute Marketingstrategie. Dabei spielen die Bereitschaft, Hauptschülern eine Chance zu geben wie auch das Thema Zeit für Familie,
Freunde und Freizeit eine wichtige Rolle. Praktika und Ferienjobs können jungen Menschen eine Ausbildung schmackhaft machen. Wer bei Fahrtkosten und
Übernachtungskosten für die weit entfernte Berufsschule nicht knausert, kann ebenfalls punkten. Und wer im Ballungsraum mit seinen hohen Mieten eine
finanzielle Unterstützung bietet und bei Bedarf noch die ausbildungsbegleitenden Hilfen der BA in Anspruch nimmt, kann sich von seinen Konkurrenten
absetzen.“
„Eine große Herausforderung in der dualen Ausbildung wird darin bestehen, die Potenziale besser zu nutzen und neue Wege zu erschließen, um mehr Betriebe
und Jugendliche für eine duale Berufsausbildung zu gewinnen“, sagte Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir. „Angesichts der demografischen Entwicklung
und einer anhaltenden Akademisierung bedarf es weiterer Anstrengungen der Betriebe. Neben neuen Strategien der Anwerbung von leistungsstarken Jugendlichen
werden weiterhin Initiativen notwendig sein, die leistungsschwächere Jugendliche in die duale Ausbildung integrieren und zum Abschluss führen. Beispiele
sind unser Hauptschülerprogramm sowie die Programme „Qualifizierte Ausbildungsbegleitung in Betrieb und Berufsschule“ und „gut ausbilden“.
Hintergrundinformation:
Die Ausbildungsdaten des IAB-Betriebspanels sind nicht mit Daten der Ausbildungsstatistiken vergleichbar, da sich unter anderem der Erhebungszeitpunkt
und Begriffsdefinitionen unterscheiden. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) lässt seit 1993 jährlich
Betriebe im Rahmen des IAB-Betriebspanels durch Kantar Public (ehemals TNS Infratest Sozialforschung) befragen.
Die Auswertung für Hessen erfolgt durch das Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur. Finanziert werden die hessischen Zusatzauswertungen durch das Hessische
Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung, die Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit sowie den Europäischen
Sozialfonds.