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Blutegel als Therapiehelfer

Regionalmanagement Mittelhessen GmbH Gepostet von Regionalmanagement Mittelhessen GmbH in Aktuelles aus Mittelhessen 5 min. Lesezeit

Der Blutegel stand im Mittelpunkt bei Landrätin Anita Schneiders (links) Besuch und ihrer Führung mit Dr. Harald Galatis (rechts) (Foto: Landkreis Gießen). Sie sind bis zu 20 Zentimeter groß, bunt gefärbt, elegante Schwimmer und kleine Therapiehelfer. Dass
Blutegel keine ekligen Würmer, sondern kleine Wunderwaffen sind, konnte Landrätin Anita Schneider nun bei einem Besuch des größten Blutegel-Anbieters
Europas – der Biebertaler Blutegelzucht GmbH (bbez) – feststellen. Gegründet wurde
die bbez als Projekt der ZAUG (Zentrum Arbeit und Umwelt – Gießener gemeinnützige Berufsbildungsgesellschaft),
zu deren Trägern der Landkreis Gießen gehört.

Geschäftsführer Dr. Harald Galatis führte Landrätin Anita Schneider durch das Unternehmen, das früher Teil der ZAUG war. Er zeigte ihr die wichtigsten
Abteilungen von Aufzucht bis Versand.„Es ist beeindruckend, wie erfolgreich Sie diese Nische auf dem Markt füllen“, stellte Schneider fest. Etwa 500.000
Blutegel verkauft das Unternehmen mittlerweile jährlich. Diese guten Ergebnisse führten unter anderem auch dazu, dass die Mitarbeiterzahl von damals
12 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf heute 45 wachsen konnte. „Durch die Schaffung neuer Arbeitsplätze stärken Sie weiterhin die Region und verfolgen
mit dieser Beschäftigungsförderung eines der ursprünglichen Ziele des von der ZAUG ins Leben gerufenen Projektes“, sagte Schneider.

Dieser starke Anstieg liegt unter anderem daran, dass Blutegel seit 2004 offiziell als sogenanntes Fertigarzneimittel eingestuft werden. Nicht nur bei
Tieren wie Pferden, Hunden oder Katzen können Blutegel eine heilende Wirkung haben, auch in der Humanmedizin werden sie zunehmend eingesetzt. Durch
ihren Speichel, den sie beim Biss absondern, gelangen schmerzstillende Wirkstoffe in den Körper. Diese Stoffe können die Durchblutung fördern und entzündungs-
sowie schmerzhemmende Wirkungen erzielen. Drei bis neun Monate lang können sie so den lokalen Schmerz stillen – und das ohne große Nebenwirkungen oder
starken Blutverlust. Ein Egel nimmt pro Mahlzeit ungefähr das Fünf- bis Sechsfache seines Gewichts an Blut auf. Hinzu kommt noch einmal ungefähr dieselbe
Menge an Blut, die nach dem Biss nachfließt. Bei einem durchschnittlich großen Ein-Gramm-Egel sind das gerade einmal zehn bis zwölf Gramm.

Aber wie bekommt man den Egel dazu, an der richtigen Stelle „anzubeißen“? Und bei welchen Erkrankungen kann er eingesetzt werden? Um
das zu vermitteln, bietet die bbez für Ärzte oder Heilpraktiker Schulungen an. Über 800 Therapeutinnen und Therapeuten bildet sie so jährlich
im richtigen Umgang mit der Blutegel-Therapie aus. Schließlich gibt es über sechzig verschiedene Einsatzgebiete, bei denen der Egel helfenkann. So
beispielweise bei Arthrose, Rheuma und sogar Tinnitus. Bei all diesen Beschwerden kann der kleine Ringelwurm nachgewiesen Abhilfe schaffen.

Ihr Potential erkannte damals schon Dr. Manfred Roth, der Gründer der Biebertaler Blutegelzucht (bbez). Als Projektentwickler der ZAUG initiierte
er das Projekt der bbez. So kaufte die ZAUG 1989 das Gelände einer ehemaligen Gärtnerei in Biebertal und schuf mit der Blutegelzucht neue
Arbeitsplätze für sozial Benachteiligte und Langzeitarbeitslose. Aufgrund der guten Umsätze und der Tatsache, dass Blutegel seit 2004 als Fertigarzneimittel
gelten, wurde 2008 aus dem sozialen Projekt ein selbstständiges Unternehmen.

Neben der Zucht bezieht die bbez auch Blutegel aus der Türkei oder Rumänien. Diese kommen anschließen in spezielle Teiche und werden vor Versand
32 Wochen ohne Nahrung gehalten. So werden die Tiere nicht nur „beißfreudiger“ bei einer Therapie, sondern es wird auch das Risiko potentieller in
den Egeln vorhandener Viren ausgeschlossen.