Ein „innovatives Konstruktions- und Fertigungsverfahrens auf Basis crashenergie-absorbierender hyperelastischer
Klebungen“ ist Ziel eines Forschungsprojekts, bei dem die TH Mittelhessen mit zwei mittelständischen Unternehmen zusammenarbeitet. Projektleiter an
der THM ist Dr. Stephan Marzi, Professor für Technische Mechanik und Dynamik am Gießener Fachbereich Maschinenbau und Energietechnik. Partner sind
GlueTec Industrieklebstoffe aus Greußenheim und Volante Verkleidungssysteme aus dem oberpfälzischen Windischeschenbach. Das Bundeswirtschaftsministerium
fördert das Vorhaben mit mehr als 500.000 Euro.
Im Fahrzeugbau ist das Kleben neben Nieten, Schrauben oder Schweißen eine zunehmend wichtige Technik, um verschiedene Materialien miteinander zu verbinden.
Auch für Baugruppen, die bei einem Unfall die auftretende Anprallenergie absorbieren, kommt sie grundsätzlich in Frage. Allerdings fehlt bislang ein
geeigneter gummiartiger Klebstoff. Einen solchen Klebstoff, der physiologisch und toxikologisch unbedenklich ist und aus produktionstechnischen Gründen
schnell aushärten muss, wollen die Projektpartner entwickeln. Damit wollen sie Klebefugen herstellen, die zum Beispiel bei einem Unfall einerseits
stabil sind und andererseits möglichst viel Stoßenergie absorbieren.
Ein neuartiges Konstruktions- und Fertigungsverfahren soll beispielhaft für eine Tischkonstruktion in Schienenfahrzeugen entwickelt werden. Dabei ersetzen
hyperelastische Klebefugen die bisher verwendeten metallischen Dämpfungselemente. Sie sollen bei einem Unfall einen Großteil der Aufprallenergie aufnehmen
und das Verletzungsrisiko deutlich reduzieren.
Neue Messverfahren zur Bruchmechanik von hyperelastischen Klebeverbindungen werden im Rahmen des Projekts ebenfalls entwickelt. Dabei wird das Rissausbreitung
bei hohen Geschwindigkeiten mit Highspeed-Kameras dreidimensional erfasst. Auf Basis der Messergebnisse sollen Simulationsmodelle entwickelt werden,
die das hyperelastische Verhalten der neuentwickelten Klebstoffe unter dynamischer Beanspruchung beschreiben.
Sollte das Projekt zufriedenstellende Ergebnisse liefern, sieht Marzi für das Konstruktions- und Fertigungsverfahren viele weitere Einsatzgebiete, bei
denen es auf die Absorption von kinetischer Energie ankommt. So sei zum Beispiel die Entwicklung von Knautschzonen für Autos denkbar, die auf carbonfaserverstärktem
Kunststoff basieren.
Das Forschungsvorhaben am Institut für Mechanik und Materialforschung hat eine Laufzeit von drei Jahren. Es wird im Rahmen des „Zentralen Innovationsprogramms für den Mittelstand“ gefördert.