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Demenzlotsen helfen in Mittelhessen

Regionalmanagement Mittelhessen GmbH Gepostet von Regionalmanagement Mittelhessen GmbH in Aktuelles aus Mittelhessen 9 min. Lesezeit

Erkrankungen
wie Demenz sind längst zu einem festen Bestandteil der deutschen Gesellschaft geworden. Zunehmende Schwierigkeiten wie Vergesslichkeit und mangelnde
Merkfähigkeit führen dazu, dass Betroffene Probleme mit Alltagstätigkeiten haben, die vorher problemlos erledigt wurden. Der Gang zur Apotheke oder
zur Behörde, das Verweilen im Café oder Kaufhaus – all dies kann auf einmal sehr schwierig sein: Betroffene wissen nicht mehr, was sie kaufen wollten
oder haben nicht genügend Geld dabei und verärgern damit die restlichen Kunden. Der demenzerkrankte Mensch spürt, dass mit ihm etwas geschieht, was
er nicht kontrollieren kann. Umso wichtiger ist es, Menschen mit Demenz wieder in die Mitte der Gesellschaft zu bringen – das Projekt „Demenzlotsen“ hat genau das als Ziel. Es wurde vom Malteser Hilfsdienst Limburg 2014 ins Leben gerufen und mit dem 3. Platz beim Hessischen Demographiepreis 2017 ausgezeichnet.

Worum geht es bei dem Projekt? Mitarbeiter eines Unternehmens mit häufigem Kundenkontakt werden zum Demenzlotsen ausgebildet. Diese verfügen anschließend
über die Fähigkeit, Anzeichen von demenziellem Verhalten zu erkennen und damit umzugehen. Gemeinsam wird so Betroffenen und Angehörigen der Alltag
erleichtert und verhindert, dass sie sich aus der Gesellschaft zurückziehen und sich ausgeschlossen fühlen.

Die Malteser bieten bereits seit vielen Jahren unterschiedliche Dienstleistungen für demenziell
veränderte Menschen und deren Angehörige an – immer mit dem Ziel, die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern und die pflegenden Angehörigen
zu unterstützen. Mit dem Demenzlotsenprojekt richten sich die Limburger Malteser erstmals direkt an die Öffentlichkeit. „Wir wünschen uns, dass sich die Betroffenen trauen, ihr Leben in der gewohnten Form weiter zu leben: Einkaufen
gehen, sich ins Café setzen, Behördengänge erledigen usw. Denn, so lange es der Krankheitsverlauf zulässt, ist das die beste Therapie. Das funktioniert
aber nur, wenn die Gesellschaft sich auf demenziell Erkrankte einstellt. Mit dem Demenzlotsenprojekt wollen wir Malteser unseren Teil dazu beitragen“,
erklärt Nina Basteck, die als Leiterin der Abteilung „Demenz und Leben im Alter“ für die Umsetzung des Projekts verantwortlich ist.

Wie notwendig die Initiative ist, zeige auch ein Blick in die Statistik, so Basteck: „Deutschlandweit gibt es rund 1,6 Millionen demenziell veränderter Menschen – und das sind nur die diagnostizierten Fälle. Damit hat die Demenz inzwischen leider den Status einer sogenannten Volkskrankheit erlangt. Sie
betrifft alle gesellschaftlichen Bereiche, die Unternehmen, in denen pflegende Angehörige beschäftigt sind und das öffentliche Leben.“

Das Demenzlotsen-Projekt ist vor einigen Tagen nun auch in Marburg gestartet. Schirmherr des Projektes ist der Marburger Oberbürgermeister Dr.
Thomas Spies. Der Landkreis Marburg-Biedenkopf sowie die Marburger Allianz für Menschen mit Demenz sind weitere Partner des Malteser-Projektes.
„Wir haben Dienstleistungs-unternehmen, Apotheken, Ärzte und Einzelhändler kontaktiert und dafür geworben, Mitarbeiter von den Maltesern zu Demenzlotsen
schulen zu lassen“, so Nicole Ofer, Koordinatorin der Malteser Demenzdienste in Marburg. „Dahinter steckt die Idee, dass es in jedem Geschäft,
in den Bankfilialen, den Behörden – also überall dort, wo Demenzkranke im Alltag hingehen –, einen Ansprechpartner gibt, der weiß, wie man adäquat
mit betroffenen Menschen umgeht“, so Ofer weiter. Umso mehr freuen sich die Malteser in Marburg,
dass sie bereits vier Unternehmen/Behörden für das Projekt gewinnen konnten und somit die ersten fünf Demenzlotsen ausgebildet sind. „Mit der Polizei
Marburg, dem Kaufhaus Ahrens, der Sparkasse Marburg-Biedenkopf sowie dem Landkreis Marburg-Biedenkopf haben wir großartige Partner, die mit uns
gemeinsam die Idee einer demenzfreundlichen Kommune umsetzen wollen“, freut sich Nicole Ofer. Zahlreiche weitere Unternehmen haben Ihr Interesse
bereits signalisiert.

„Es hilft, wenn Menschen mit Demenz alte Gewohnheiten so lange wie möglich beibehalten können und man ihnen ermöglicht, diese in einem strukturierten
Tagesablauf mit einzubeziehen. Zum Beispiel morgens Brötchen holen, danach in die Apotheke gehen, nachmittags Kaffeetrinken in der Stadt und danach
Einkäufe erledigen“, erklärt die Malteserin. Nun suchen die Malteser weitere Unternehmen, die Mitarbeiter zu Demenzlotsen schulen lassen und die
Möglichkeit der Teilhabe von Menschen mit Demenz unterstützen.

Auch Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies unterstützt das Engagement der Malteser und betont in seiner Rede zum Start der Malteser Demenzlotsen: „Unser
Ziel ist die demenzfreundliche Kommune, in der wir uns als Gesellschaft Mühe geben, die Sicht von an Demenz erkrankten Menschen zu verstehen
und in der wir sie dabei unterstützen, am gesellschaftlichen Leben soweit es geht teilhaben. Dafür haben wir beispielsweise die „Marburger Allianz
für Menschen mit Demenz“ gegründet. Wir wollen, dass an Demenz erkrankte Menschen möglichst lange zuhause bleiben können und in der Mitte der Gesellschaft
leben. Dafür sind bedarfsgerechte Strukturen Angebote – wie Beratungs- und Begegnungsmöglichkeiten, innovative Wohnformen oder auch die neuen Demenzlotsen
– wichtig, die ihnen das ermöglichen. Es ist das gute Recht jedes und jeder Einzelnen, dass sich unsere Gemeinschaft auf ihn oder sie einlässt
– das ist Inklusion.“ Landrätin Kirsten Fründt verweist in ihrem Grußwort auf die gesamtgesellschaftliche Aufgabe und die Verantwortung der Politik:„Es
ist eine gesamt-gesellschaftliche Aufgabe, Menschen mit Demenzerkrankungen ein Leben und Altern in Würde zu ermöglichen. Wir – die politisch
Verantwortlichen – müssen hier für gute Rahmenbedingungen eintreten. Im Landkreis Marburg-Biedenkopf sind wir dabei mit einer Vielzahl von vernetzten
Beratungs- und Unterstützungsangeboten bereits auf einem guten Weg.“

Hintergrund: Ausbildung zum Malteser Demenzlotsen
Die Ausbildungbeinhaltet Informationen, wie demenziell veränderte Menschen denken und handeln, wie man Anzeichen von demenziellem Verhalten
erkennt und praktische Tipps, wie man mit dem Betroffenen angemessen umgeht. „Wir bringen den Teilnehmern bei, wie sie auffälliges Verhalten
richtig deuten und einordnen können, zeigen ihnen Kommunikationsmöglichkeiten und -formen im Umgang mit Demenzkranken auf und informieren sie
über bestehende Hilfsnetzwerke“, so Malteser Koordinatorin Nicole Ofer, und fügt hinzu: „Übergeordnetes Ziel des Projekts ist die Steigerung
der Lebensqualität von Betroffenen, weil sie wieder am öffentlichen Leben in der Region Marburg teilnehmen können.“

Unter den folgenden Links gibt es weitere Informationen zum Demenzlotsen-Projekt in Limburg und Marburg.