Das gab es bisher noch nicht in Deutschlands Hochschullandschaft: Als erste Hochschule für Angewandte
Wissenschaften (HAW) eröffnet die Technische Hochschule Mittelhessen ein eigenständiges Promotionszentrum
für Ingenieurwissenschaften. Bisher war der „Dr.-Ing“ nur an Universitäten möglich. Hessen ist das einzige Bundesland, das den Hochschulen für Angewandte
Wissenschaften – den ehemaligen Fachhochschulen – für forschungsstarke Bereiche das Promotionsrecht verleiht.
Wissenschaftsministerin Angela Dorn: „Die Natur zu erforschen und daraus technische Verfahren und Produkte zu entwickeln, wird wichtiger
denn je: Wir brauchen Ideen für neue nachhaltige Materialien oder medizinisch-technische Weiterentwicklungen. Mit dem neuen Promotionszentrum der Technischen
Hochschule Mittelhessen nehmen wir bundesweit eine Vorreiterrolle ein. Gemeinsam stärken wir die Hochschulen für Angewandte Wissenschaften darin, anwendungsbezogene
Forschungsvorhaben anzugehen.“
Von dem neuen Promotionszentrum profitiert außerdem der gesamte Forschungscampus Mittelhessen. Der
FCMH ist eine gemeinsame Einrichtung der Justus-Liebig-Universität Gießen, Philipps-Universität Marburg und Technischer Hochschule Mittelhessen und bündelt die Stärken der drei mittelhessischen Hochschulen,
um gemeinsam in Forschung, Nachwuchsförderung und im Wissens- und Technologietransfer mehr zu erreichen. Mittelhessen soll so als Forschungs- und Bildungsregion
noch attraktiver und international sichtbarer werden. Gleichzeitig werden durch den Aufbau zukunftsweisender Kooperationsstrukturen Synergien zwischen
den Hochschulen geschaffen.
Das neue Promotionszentrum hat die Fachrichtung Life Science Engineering, vereint also naturwissenschaftliche Grundlagen mit technischen Anwendungen. Daraus
ergeben sich Forschungen, die relevant für die Gesundheit des Menschen oder den Umweltschutz sind. Eine Forschungsgruppe, die bereits am Fachbereich
Life Science Engineering arbeitet, beschäftigt sich beispielsweise mit der Produktion eines biotechnologischen Arzneimittels zur Beschichtung von Implantaten
oder Forschungsvorhaben zum Strahlenschutz.
THM-Präsident Prof. Dr. Matthias Willems: „Im Promotionszentrum arbeiten ausgezeichnete Forscher verschiedener Fachbereiche zusammen.
Wir haben den Schwerpunkt Life Science Engineering gezielt auf- und ausgebaut. Denn die Verknüpfung der Lebens- und Ingenieurwissenschaften eröffnet
die Möglichkeit, neuartige Produkte und Verfahren für die pharmazeutische und chemische Industrie, die medizinische Physik oder die Umwelttechnik zu
entwickeln. Wir forschen damit für Zukunftsmärkte. Und mit der Expertise im Promotionszentrum steigt die Attraktivität der THM für Studentinnen und
Studenten, für Doktoranden, Wissenschaftler und auch für unsere Kooperationspartner in der Wirtschaft.“
Bisher konnten fünf Promotionszentren in Hessen ihre Arbeit starten: Sozialwissenschaften (Hochschule Fulda), Public Health (Hochschule Fulda), Soziale
Arbeit (gemeinsames Zentrum der Frankfurt University of Applied Sciences, der Hochschule Fulda, der Hochschule RheinMain und perspektivisch auch der
Hochschule Darmstadt), Angewandte Informatik (gemeinsames Zentrum der Hochschule Darmstadt, der Frankfurt University of Applied Sciences, der Hochschule
Fulda und der Hochschule RheinMain) sowie Nachhaltigkeitswissenschaften (Hochschule Darmstadt).
Für Promotionsvorhaben kommen dabei nur solche Fachrichtungen in Frage, in denen die Hochschulen allein oder gemeinsam eine bestimmte Forschungsstärke
nachgewiesen haben. Dies bedeutet konkret, dass jede Professorin und jeder Professor, die oder der als Mitglied eines Promotionszentrums in einer technischen
Fachrichtung eine Promotion hauptverantwortlich betreuen oder begutachten will, selbst innerhalb von drei Jahren mindestens 300.000 Euro an Drittmitteln
eingeworben und sechs Publikationen veröffentlicht haben muss. Bei nicht-technischen Fächern, etwa in den Sozialwissenschaften, liegen die Grenzen
bei 150.000 Euro und drei durch Experten geprüften Publikationen in drei Jahren. Eine weitere Voraussetzung ist eine bestimmte Mindestanzahl an „forschungsstarken“
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern einer Fachrichtung, um Promovendinnen und Promovenden ein geeignetes wissenschaftliches Umfeld zu bieten.
Als Untergrenze ist in der Genehmigungsrichtlinie eine Zahl von zwölf forschungsstarken Professorinnen und Professoren einer Fachrichtung festgelegt.
„Als im Oktober 2016 das erste Promotionszentrum an der Hochschule Fulda eröffnet wurde, hat das weit über die Grenzen Hessens hinaus Beachtung gefunden.
Mittlerweile arbeiten junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in anwendungsbezogenen Forschungsvorhaben in insgesamt sechs Zentren an ihrer
Doktorarbeit. Auf diese Weise stärken wir nicht nur die Karriereperspektiven des wissenschaftlichen Nachwuchses, sondern in vielen Fällen auch die
Forschungskompetenz kleiner und mittlerer Unternehmen in der Region. Die Möglichkeit, eigenständig einen Doktortitel verleihen zu können, macht die
hessischen HAWs für den wissenschaftlichen Nachwuchs so noch attraktiver“, betonte Wissenschaftsministerin Angela Dorn.