Das Coronavirus hat die ganze Welt und damit auch Mittelhessen fest im Griff.
Im Vergleich zu früheren Krisen sind heute jeder Mensch und jede Branche direkt oder indirekt von den Auswirkungen und Maßnahmen zur Eingrenzung betroffen.
Dabei kommt neben gesundheitlichen Aspekten immer stärker auch die wirtschaftliche Perspektive in das Zentrum der öffentlichen Diskussion. Wir fragen:
Wie wirkt sich der Lockdown auf unsere mittelhessische Wirtschaft aus? Eine im April 2020 veröffentlichte Kurzstudie der Prognos AG zeigt, dass nicht alle Landkreise Mittelhessens im gleichen Umfang von den Auswirkungen der Corona-Krise
betroffen sind oder noch sein werden.
Ausgangspunkt der Kurzexpertise ist eine makroökonomische Analyse der Wertschöpfungs- und Zulieferverflechtungen mit dem Ausland sowie eine Abschätzung
der absehbaren binnenwirtschaftlichen Konsequenzen. In Abhängigkeit der regional vorherrschenden Branchenstruktur ergibt sich eine höhere, mittlere
oder weniger starke Betroffenheit von Bundesländern und Regionen, die deutschlandweit sehr stark divergiert. Generell kann festgestellt werden, dass
sich weite Teile des Dienstleistungssektors als besonders „krisenfest“ erwiesen haben, während das verarbeitende Gewerbe zunehmend unter Druck steht.
Somit ergibt sich die zu erwartenden Betroffenheit maßgeblich aus dem regionalen Branchenmix und der Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten
in den jeweiligen Branchen.
Die Zahlen für die fünf mittelhessischen Kreise deuten darauf hin, dass der Lahn-Dill-Kreis mit seinem stark vom Export abhängigen verarbeitenden Gewerbe,
besonders hart von den Auswirkungen des Lockdowns getroffen wurde. Der Vogelsbergkreis, als attraktives Reiseziel, leidet vor allem unter dem Rückgang
in der Tourismusbranche. Die Landkreise Gießen, Limburg-Weilburg und Marburg-Biedenkopf stehen teilweise deutlich besser da als der bundesweite Durchschnitt.
Dies liegt unter anderem an einem stark ausgeprägtem Hochschul- und Gesundheitssystem, was durch den konjunkturellen Einbruch nicht betroffen ist.
| Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nach Betroffenheit der jeweiligen Branchen in % | |||
| Landkreis | Niedrige Betroffenheit | Mittlere Betroffenheit | Hohe Betroffenheit |
| Gießen | 45,0 | 34,9 | 20,2 |
| Lahn-Dill-Kreis | 32,7 | 31,1 | 36,2 |
| Limburg-Weilburg | 41,6 | 40,2 | 18,2 |
| Marburg-Biedenkopf | 40,0 | 38,2 | 21,5 |
| Vogelsbergkreis | 43,3 | 30,9 | 25,8 |
| Mittelhessen | 39,9 | 35,1 | 24,9 |
| Hessen | 39,0 | 41,9 | 19,1 |
| Deutschland | 38,5 | 39,0 | 22,4 |
Die sektorale und regionale Differenzierung verspricht als Basis für lokale Maßnahmen und Strategien eine größere Effizienz als das zuletzt in der Finanzkrise
angewendete „Gießkannenprinzip“. Die Krise kann auch eine Chance sein, bereits bestehende Probleme mit anzugehen. Einer Studie des IW Köln zum Thema der regionalen Infrastruktur zur Folge befindet sich Mittelhessen zwar im bundesweiten Durchschnitt,
dennoch gibt es auch bei uns in den Bereichen Breitbandausstattung, Ärztedichte sowie bei Immobilienpreisen Verbesserungspotentiale, die im Zuge der
Corona bedingten Maßnahmen mit angegangen werden können.