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Doppelerfolg für den Forschungscampus Mittelhessen

Regionalmanagement Mittelhessen GmbH Gepostet von Regionalmanagement Mittelhessen GmbH in Aktuelles aus Mittelhessen 7 min. Lesezeit

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat die Sonderforschungsbereiche mit den Themen „Dynamiken
der Sicherheit. Formen der Versicherheitlichung in historischer Perspektive“ und „Kardinale Mechanismen der Wahrnehmung: Prädiktion, Bewertung, Kategorisierung“
an der Justus-Liebig-Universität Gießen und der Philipps-Universität Marburg für weitere vier Jahre verlängert.

In aktuellen politischen Diskussionen wird Sicherheit als Schlüsselbegriff gerne benutzt, wenn es gilt, das eigene politische Handeln
zu legitimieren. Dieser Effekt gab im Jahr 2014 den Anstoß zur Konzipierung eines eigenen interdisziplinären Sonderforschungsbereichs,
in dem sich Forscherinnen und Forscher der Philipps-Universität Marburg, der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) und des Herder-Instituts für historische
Ostmitteleuropaforschung mit der Bedeutung, des Wandels und der Interpretation politischer Sicherheit in historischer Perspektive beschäftigen. Die
Deutsche Forschungsgemeinschaft hat nun die Weiterführung der Forschungsarbeit mit einem Fördervolumen von rund 11 Millionen Euro für weitere vier
Jahre bewilligt.

„Was ist Sicherheit und wann fühlen sich Gesellschaften in ihrer Sicherheit bedroht? Um Fragen wie diese zu beantworten, ist es sehr wichtig zu verstehen,
wie sich in der Geschichte Vorstellungen von Sicherheit entwickelten und wie diese in den politischen Prozess gelangten“, sagt Prof. Dr. Christoph
Kampmann von der Universität Marburg, Sprecher des Sonderforschungsbereichs. Mit seinem historischen Fokus nehme der Sonderforschungsbereich eine eigenständige
Rolle in der Sicherheitsforschung ein. „Bereits in der ersten Förderphase haben wir uns in diesem Themenfeld als ein zentrales wissenschaftliches Diskussions-
und Kommunikationsforum etabliert“, sagt Kampmann. Dabei verbindet der Sonderforschungsbereich/Transregio 138 mit dem Thema „Dynamiken der Sicherheit.
Formen der Versicherheitlichung in historischer Perspektive“ Geschichts-, Sozial- und Rechtswissenschaften sowie die Kunstgeschichte.

Ein Fokus der Forscherinnen und Forscher liegt auf dem Konzept der „Versicherheitlichung“. „Es kann vorkommen, dass politische Entscheidungsträger bestimmte
gesellschaftliche Probleme bewusst dramatisieren“, sagt Kampmann. „Dabei geht es oftmals um die eigene Legitimation beziehungsweise die des Staates,
der seiner Bevölkerung Schutz durch die Erhöhung der Sicherheit anbietet.“ Dadurch verstärke sich das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung letztlich
jedoch immer mehr und die Forderungen nach mehr Sicherheit würden für den Staat irgendwann nicht mehr erfüllbar – denn Sicherheit hat ihre Grenzen.

„Der gemeinsame Sonderforschungsbereich besitzt mit seiner Ausrichtung auf historische Sicherheitsforschung schon heute weltweit ein Alleinstellungsmerkmal“,
ergänzt Prof. Dr. Horst Carl von der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU). Anfang 2018 wird wie zwischen beiden Universitäten von Anfang an vereinbart
die Federführung des Sonderforschungsbereiches an die JLU wechseln und Prof. Carl das Amt des Sprechers übernehmen. „Wir werden die nächsten vier Jahre
nutzen, den Forschungsverbund unserer beiden Universitäten zum international führenden Zentrum für historische Sicherheitsforschung zu machen“, kündigt
er an.

Die Sinnesorgane sind das „Fenster zur Welt“, sie ermöglichen den Empfang von Reizen aus der Umwelt. Doch wie verarbeitet das Gehirn die Informationen?
Wie funktioniert Wahrnehmung? Mit diesen Fragen beschäftigt sich der interdisziplinäre Sonderforschungsbereich zur Wahrnehmung seit
vier Jahren. Die DFG hat nun beschlossen, auch diesen SFB bis ins Jahr 2021 zu verlängern. Die Sprecherschaft für den interdisziplinären SFB liegt
bei dem Gießener Psychologen Prof. Dr. Karl Gegenfurtner; die weiteren Mitglieder des geschäftsführenden Komitees sind Dr. Jutta Billino, Psychologie
(Justus-Liebig Universität Gießen, JLU), Prof. Dr. Frank Bremmer, Neurophysik (Philipps-Universität Marburg, UMR), Prof. Dr. Katja Fiehler, Allgemeine
Psychologie (JLU), Prof. Dr. Anna Schubö, Psychologie (UMR) und Prof. Dr. Gudrun Schwarzer, Entwicklungspsychologie (JLU).

„Wir konnten unseren SFB in der ersten Förderperiode zu einem internationalen Leuchtturm der Wahrnehmungsforschung etablieren. Die Verlängerung des SFB
wird eine Vielzahl von hochgradig interdisziplinären Projekten ermöglichen, die geeint werden durch das gemeinsame Ziel, zu verstehen, wie wir die
Welt wahrnehmen und mit ihr interagieren“, sagte Prof. Gegenfurtner. Sein Marburger Kollege Prof. Bremmer fügte hinzu: „Der Sonderforschungsbereich
wird die Zusammenarbeit unserer beiden Universitäten im Forschungscampus Mittelhessen weiter bestärken, innerhalb dessen der Themenbereich Geist, Gehirn
und Verhalten bereits als Schwerpunkt ausgewiesen wurde.“

Der SFB will untersuchen, wie das menschliche Gehirn aus sensorischen Eingangssignalen übergeordnete Bedeutung ableitet. Dazu soll der Prozess der Wahrnehmung
umfassend auf der Basis dreier grundlegender Prinzipien erklärt werden: Prädiktion, Bewertung und Kategorisierung. Die dadurch entstehenden internen
Modelle der Umwelt ermöglichen es dem Menschen, den künftigen Zustand der Umgebung sowie Handlungskonsequenzen vorherzusagen, die möglichen Risiken
und den Nutzen von Reizen und Reaktionen zu bewerten sowie die unendliche Menge an Umweltreizen in Kategorien von Konzepten und Verhaltensweisen abzubilden. 

Forschungscampus Mittelhessen
Der Forschungscampus Mittelhessen ist eine hochschulübergreifende Einrichtung nach §47 des Hessischen Hochschulgesetzes der Justus-Liebig-Universität
Gießen, der Philipps-Universität Marburg und der Technischen Hochschule Mittelhessen zur Stärkung der regionalen Verbundbildung in der Forschung, Nachwuchsförderung
und Forschungsinfrastruktur.