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Drei Fragen vor der Hessischen Landtagswahl 2023 an … Stefan Füll

Regionalmanagement Mittelhessen GmbH Gepostet von Regionalmanagement Mittelhessen GmbH in Aktuelles aus Mittelhessen 6 min. Lesezeit

In einer Serie vor der Hessischen Landtagswahl am 8. Oktober 2023 befragen wir die Mitglieder des Aufsichtsrates der Regionalmanagement Mittelhessen GmbH nach den Herausforderungen in Ihrer Institution und nach den Erwartungen an die kommende Landesregierung. 2023 ist auch das Jahr, in dem  das Regionalmanagement Mittelhessen 20 Jahre alt wird – wie ist die Einschätzung der Aufsichtsräte zum regionalen Zusammenschluss von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik?

Alle Aufsichtsräte haben die gleichen Fragen erhalten. Lesen Sie hier die Antworten von Stefan Füll, Präsident der Handwerkskammer Wiesbaden.

Welches ist für Ihre Organisation im Jahr 2023 die drängendste Herausforderung und wie begegnen Sie dieser Herausforderung?

Der Wirtschaftsbereich Handwerk hat sich auch nach den verschiedenen Krisen der zurückliegenden Jahre erfreulicherweise erneut als widerstandsfähig und stabil erwiesen. Das liegt daran, dass unsere Betriebe anpassungsfähig und unsere Mitarbeiter gut ausgebildet sind. Und das liegt daran, dass handwerkliche Produkte und Dienstleistungen oft unverzichtbar sind. Und das liegt daran, dass viele Herausforderungen der Zukunft (Energiewende, Verkehrswende, Klimawende) ohne das Handwerk nicht realisierbar sind. Allerdings sind die Erwartungen vieler Betriebsinhaber immer noch von Unsicherheit und Skepsis geprägt und ein größerer Teil der Betriebe rechnet mit einer weiteren konjunkturellen Verschlechterung als mit einer Besserung. Wichtig für das Handwerk – die Wirtschaftsmacht von nebenan – sind verlässliche Rahmenbedingungen, die für weiteres Wachstum und Wohlstand unerlässlich sind. Ein großes Problem ist nach wie vor der Nachwuchs- und Fachkräftemangel im Handwerk. Berufsorientierung ist für uns einer der wichtigsten Bausteine, handwerklichen Nachwuchs zu finden.

Das Regionalmanagement Mittelhessen wird 2023 20 Jahre alt. Sie engagieren sich seit 2013 als Gesellschafter in der Regionalmanagement Mittelhessen GmbH. Was schätzen Sie am Regionalmanagement am meisten?

Die Handwerkskammer Wiesbaden ist von Anfang an dabei. Bereits die von uns rund zehn Jahre zuvor aktiv geförderte Gründung des Vereins MitteHessen diente dem gemeinsamen Ziel, alle wichtigen Akteure in Mittelhessen zu vernetzen und die Region weiter zu stärken. Das schätze ich auch am meisten am Regionalmanagement: Das effektive Netzwerk, das über Jahre entstanden ist und das Themen aufgreift, wo es sich lohnt, im Verbund aufzutreten. Und dieses mit einer engagierten Geschäftsführung. Davon profitiert auch das regionale Handwerk, das in Mittelhessen ein großer Arbeitgeber und Wirtschaftsfaktor ist.

Am 8. Oktober 2023 finden die hessischen Landtagswahlen statt. Was erwarten Sie aus Sicht Ihrer Institution und der Region von der künftigen Hessischen Landesregierung?

Die vorwiegend kleinbetrieblich strukturierten Handwerksbetriebe sind flexibel, innovativ und gut dafür gerüstet, sich im Wettbewerb mit industrieller und internationaler Konkurrenz zu behaupten. Unabdingbar ist aber, dass dieser Wettbewerb zu fairen Rahmenbedingungen ausgetragen wird. Viele Inhaberinnen und Inhaber von Handwerksbetrieben verbringen zunehmend mehr Zeit mit der Bewältigung administrativer Anforderungen als mit der Ausübung ihres Handwerks. Gerade kleine Betriebe sind überproportional von Bürokratie betroffen. In vielen Fällen müssen sie identische Anforderungen wie Großunternehmen erfüllen, ohne auch nur annähernd vergleichbare Ressourcen zu haben. Die Vielzahl an Dokumentations- und Berichtspflichten ist dabei ein besonders großes Problem. Entgegen aller Beteuerungen kommt die Reduzierung der Bürokratielast nicht voran. Hier sollte die neue Landesregierung alle neuen Rechts- und Verwaltungsvorschriften mit einer konsequenten Mittelstandsauswirkungsklausel versehen und sich auch auf Bundesebene dafür einsetzen, dass neue bürokratische Belastungen und Dokumentationspflichten für kleine und mittelständige Unternehmen abgewehrt werden.’Und genauso wichtig, wie den Weg in eine attraktive Zukunft für Handwerksmeisterinnen und Handwerksmeister zu ebnen, ist es auch, jungen Menschen die Chance zu geben, Erfahrungen im Handwerk sammeln zu können. Dazu gehört eine flächendeckende und schulformübergreifende Berufsorientierung als Kernelement schulischer Bildungsgänge. Gerade auch die Anbieter gymnasialer Bildungsgänge in Hessen sind gefordert, die Berufsorientierung gleichwertig zur Studienorientierung zu etablieren. Denn wie sollen Schülerinnen und Schüler auf die Idee kommen, Handwerkerin oder Handwerker zu werden, wenn es in den meisten Schulen nicht einmal das Fach „Werken“ gibt und wenn die Welt des Handwerks in der Schule nicht stattfindet? Die Präsenz des Handwerks in Schulen ist daher maßgeblich, um dem Fachkräftemangel im Handwerk entgegenzuwirken. Nur mit exzellent ausgebildeten Fachkräften können wir die Transformation unserer Wirtschaft, die Klima- und Verkehrswende realisieren. Kurzum:  Keine Wende ohne Hände.