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Eine Gießener Idee als bundesweiter Leuchtturm

Regionalmanagement Mittelhessen GmbH Gepostet von Regionalmanagement Mittelhessen GmbH in Aktuelles aus Mittelhessen 6 min. Lesezeit

Sigmar Gabriel (Mitte) zeichnete Nicolas Ritouet (links) und Karan Deghanin aus.Foto: Christian KlantAngefangen hat alles erst vor 18 Monaten. Da lernte Karan Dehghani auf Vermittlung der Gießener Beschäftigungsgesellschaft ZAUG einen jungen somalischen Flüchtling kennen. Ein Flüchtling unter vielen Tausenden im Jahr 2015, die in der Hessischen Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen
ankamen.

Karan Dehghani wollte helfen. Wie viele andere in der mittelhessischen Stadt auch. Aber nicht mit Kleiderspenden, nicht mit Dolmetschen. Karan Dehghani,
selbst Programmierer und Existenzgründer, wollte sein Wissen weitergeben. Er brachte dem jungen Somalier in Räumen eines Unternehmens im Gießener Urnenfeld
das Programmieren bei. Damit dieser eine Aufgabe und letztendlich eine Arbeit finden konnte. Denn Programmierer sind gefragt auf dem Arbeitsmarkt.
Und zum Erlernen der internationalen Programmiersprache PHP braucht es noch nicht mal Deutsch-Kenntnisse. Schneller kann ein Einstieg in die Integration
nicht gelingen.

Nach dem Somalier kamen andere. Dehghani schaffte dafür die Voraussetzungen: Er sammelte alte Laptops als Spende ein, bereitete sie auf, schenkte sie Flüchtlingen,
schaffte es, kostenlose Lizenzen des Bildungsportals Udacity aus dem amerikanischen Silicon Valley für seine soziale Idee zu bekommen, vernetzte Unternehmen
mit seinen Schützlingen. Eine Geschichte, die man sich nicht schöner erdenken könnte. Und sie gelang.

Nun wurde der Gießener für diese Idee und seine Umsetzung von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel in Berlin ausgezeichnet. Dehghani erhielt eine mit
20.000 Euro dotierte Förderung: als eines von drei bundesweiten Leuchtturmprojekten. Ein Leuchtturm, der in Gießen zu glühen begann.
Das Programm „ANKOMMER. Perspektive Deutschland“ der KfW-Stiftung und der Social Impact gGmbh unter Gabriels Schirmherrschaft fördert
Startups und (sozial-)unternehmerische Initiativen, die geflüchtete Menschen in Ausbildung und Arbeit bringen.

So wie der Somalier, der mittlerweile in Gießen als Programmierer beschäftigt ist. Der Flüchtling hat Arbeit, verdient Geld und – auch Respekt. Ein
gelungener Integrationsstart.
Neben ihm haben es in diesen letzten 18 Monaten noch zwei weitere Flüchtlinge geschafft: Sie haben gelernt und Arbeit gefunden. Und Karan Dehghani
weiß: Es werden noch mehr werden. Nicht nur in Gießen. Sondern bundesweit. Denn die Nachfrage der Unternehmen nach „seinen“ Programmierern ist groß:
„Teilweise versuchen die Firmen, unsere Leute schon in der Ausbildung abzuwerben“, erzählt er. Dehghani will deshalb in weiteren Städten Dependancen
schaffen. Und er will seine Idee auch nicht nur auf Flüchtlinge angewendet sehen: „Wir haben mittlerweile auch viele Nachfragen von Deutschen. Diesen
möchten wir auch nachkommen.“ Seine Heimatstadt Gießen soll auf der Reise durch die Republik dabei aber immer eine zentrale Rolle spielen: „Ich bin hier aufgewachsen, lebe gerne hier und fühle mich mit Gießen verbunden. Auch hier werde ich weiter arbeiten,
sagt er.

Karan Dehghani ist mittlerweile ein erfolgreicher und noch immer ambitionierter Start-up-Gründer auf Expansionskurs. Eine Expansion im Sozialen, eine Expansion
einer guten Idee. Denn Dehghanis Unternehmen „Codedoor“ (www.codedoor.org) macht keine Profite. Sein Kapital
ist die Hilfsbereitschaft vieler ehrenamtlicher Helfer. 25 Freiwillige arbeiten unentgeltlich – mittlerweile vor allem in Frankfurt und Berlin als
Mentoren und Tutoren für den Gießener und seinen Berliner Kompagnon Nicolas Ritouet. Sie leiten die Flüchtlinge an – technisch wie menschlich. „Ohne
die vielen Ehrenamtlichen wären wir nichts“, sagt er deshalb.

Aber ohne Karan Dehghani, ohne seine Idee und sein Engagement würden die derzeit rund 60 Flüchtlinge, die im Programmieren geschult werden, keinen derart
schnellen Eintritt in ein neues Leben bekommen. Und ohne Codedoor würden auch die 100 weiteren Menschen, die heute schon auf der Warteliste stehen,
diese Eintrittskarte nicht erhalten. Eine Idee auf Erfolgskurs. Aus Gießen.

Codedoor wurde deshalb bereits im vergangenen Jahr ausgezeichnet: er erhielt ein Stipendium aus dem „ANKOMMER.Perspektive Deutschland“. 190 Startups
und (sozial-)unternehmerische Initiativen hatten sich im letzten Jahr darum beworben, 14 Gründer/innenteams wurden ausgewählt und erhielten Leistungen
im Gegenwert von 12.500 Euro. Darunter vor allem Coaching, Fachberatung, Workshops und ein Co-Arbeitsplatz in den Laps der Social Impact gGmbh. Codedoor
war unter den 14 Stipendiaten. Aus diesen 14 Stipendiaten wurden nun die besten drei Projekte ausgewählt und in Berlin gekürt. Darunter Codedoor.

Es wird sicher nicht die letzte Nachricht sein, die man von Karan Dehghani aus Gießen hört und liest. Gute Ideen gepaart mit Einsatz, Zuversicht und
Mut setzen sich durch. Davon können alle lernen