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Fachkräftemangel bleibt dauerhaft zentrales Thema für den Arbeitsmarkt

Regionalmanagement Mittelhessen GmbH Gepostet von Regionalmanagement Mittelhessen GmbH in Aktuelles aus Mittelhessen 8 min. Lesezeit

Podiumsdiskussion: v.l.n.r.: Stefan Zienert, Wolfram Dette, Dr. Tina Christmann-Ayles, Burghard Loewe. (Foto: Lahn-Dill-Kreis)Das altersbedingte Ausscheiden von Arbeitskräften aus ihren Arbeitsverhältnissen wird sich im Lahn-Dill-Kreis in den
nächsten Jahren deutlich massiver bemerkbar machen als in der Vergangenheit. Dies erklärte Frau Dr. Christa Larsen vom Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur der Goethe-Universität Frankfurt (IWAK) anlässlich einer Veranstaltung der Wirtschaftsregion
Lahn-Dill unter der Federführung der Wirtschaftsförderung des Lahn-Dill-Kreises im Kreishaus Wetzlar.

Auf Einladung von Wirtschaftsdezernent und Kreisbeigeordneten Wolfram Dette berichtete Frau Dr. Larsen von ihren Untersuchungen über den Arbeitsmarkt im
Lahn-Dill-Kreis, wenn geburtenstarke Jahrgänge in den nächsten Jahren aus dem Berufsleben ausscheiden. Es fehlen nach Berechnungen des Instituts im
Jahre 2024 rund 12.000 Arbeitskräfte im Lahn-Dill-Kreis, das sind 11 % der im Jahre 2017 Beschäftigten. Maßgeblicher Treiber für diese Entwicklung
sei das Ausscheiden von Menschen aus geburtsstarken Jahrgängen aus der aktiven beruflichen Tätigkeit. Lag – so Dr. Larsen – der altersbedingte Ersatzbedarf
im Lahn-Dill-Kreis im 7-Jahres-Zeitraum von 2011 bis 2018 bei rund 8.500 Personen, so steigt dieser Ersatzbedarf für die Periode von 2017 bis 2024
auf rund 18.900 Personen.

In ihrem Vortrag ging Frau Dr. Larsen auf die Arbeitskräftelücke in den einzelnen Berufsgruppen im Lahn-Dill-Kreis bis zum Jahre 2024 ein: „Selbst bei
einer konjunkturellen Eintrübung der Wirtschaft und damit verbundener niedrigerer Beschäftigungsquoten in Teilbereichen bleibt die Grundproblematik
unverändert bestehen: Wesentlich mehr Menschen scheiden aus dem Arbeitsleben aus als die, die aus einer Schul- oder Hochschulausbildung und einer durchschnittlichen
Zuwanderungsquote der letzten Jahre für den Arbeitsmarkt des Lahn-Dill-Kreises zur Verfügung stehen.“

Unter den einzelnen Berufsgruppen sind besondere durch den demografischen Wandel betroffene Bereiche. So beträgt die Arbeitskräftelücke bis 2024 bei den
gebäude- und versorgungstechnischen Berufen – insbesondere im Handwerksbereich – bis zu 22 % der noch in 2017 beschäftigten Personen. Aber auch im
Bereich Gesundheit, Pflege und Erziehung, insbesondere bei der Kranken- und Altenpflege steigt die Arbeitskräftelücke in den nächsten Jahren deutlich
an. Nach Aussage von Frau Dr. Larsen gibt es keine Berufsgruppe, die von dieser Entwicklung nicht unmittelbar betroffen ist.

In der anschließenden von Kreisbeigeordneten Wolfram Dette geleiteten Diskussion äußerten sich IHK-Hauptgeschäftsführer Herr Burghard Loewe, IHK-Vizepräsidentin
und Geschäftsführerin eines mittelständischen Unternehmens Frau Dr. Tina Christmann-Ayles und der stellvertretende Obermeister der Innung für Sanitär-
und Heizungstechnik und aktiver Geschäftsführer Herr Stefan Zienert zu der von Frau Dr. Larsen vorgestellten Studie der Goethe-Universität.

Einig waren sich alle Teilnehmer, dass – unabhängig von der konjunkturellen Lage – diese Entwicklung eine ernste Herausforderung für die wirtschaftliche
Entwicklung in dem Landkreis in den nächsten Jahren darstellt. Stefan Zienert: „Von drei Ausbildungsstellen in meinem Betrieb habe ich die zweite erst
wenige Wochen vor Ausbildungsbeginn besetzt – die dritte gar nicht. Lehrstellen zu besetzen wird ein großes Problem. Die Kreishandwerkerschaft will
daher mit Ausbildungslotsen direkt in den Schulen aufklären, wie attraktiv ein Handwerksberuf ist – und welche guten Verdienstmöglichkeiten sich dort
ergeben.“

Frau Dr. Tina Christmann-Ayles wies auf das Problem der Abwanderung qualifizierter Arbeitskräfte aus der Region hin: „Ich frage die Pendler: was macht
ihr eigentlich? Ihr könntet im Lahn-Dill-Kreis im Grünen wohnen, ein Haus haben und arbeiten! Als Antwort bekomme ich dann: ‚Ach, da gibt es Arbeit?‘
Da müssen wir was machen – die Region muss für die Attraktivität der Arbeitsplätze und der Lebensbedingungen vor Ort bekannter sein!“

Herr Burghard Loewe erläuterte, dass das Thema fehlende Fachkräfte bereits seit mehreren Jahren als Risiko Nr. 1 bei der weiteren Unternehmensentwicklung
im Rahmen der IHK-Konjunkturumfragen, die regelmäßig durchgeführt werden, bezeichnet wurde. Die IHK habe inzwischen eine Reihe von Initiativen ergriffen,
um dem Problem Fachkräftemangel zu begegnen. Aber auch gemeinsam mit den Akteuren der Wirtschaftsförderung an Lahn und Dill, wie Lahn-Dill-Kreis, Stadt
Wetzlar und den Handwerksorganisationen gebe es vielfältige Aktionen, um die Unternehmen bei der Fachkräftegewinnung zu unterstützen.

Der Wirtschaftsdezernent des Lahn-Dill-Kreises Wolfram Dette kündigte an, dass der Landkreis seine Aktivitäten für einen familienfreundlichen Lahn-Dill-Kreis,
die Integration von Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsmarkt und die Qualifikation von Migranten weiter intensiv betreiben werde, um die Arbeitskräftegewinnung
der Unternehmen zu erleichtern. Darüber hinaus werde die Attraktivität der mittelhessischen Region beispielsweise durch die Breitbandinitiative des
Lahn-Dill-Kreises und der damit verbundenen flächendeckenden Glasfaserversorgung, auch für Gewerbegebiete und Schulen, deutlich gestärkt.

Wolfram Dette wies außerdem auf die Notwendigkeit hin, weiterhin gut vernetzt zusammenzuarbeiten: „Den von Frau Dr. Larsen skizzierten Entwicklungen müssen
wir als Lahn-Dill-Kreis im engen Schulterschluss mit IHK, Handwerkskammer Wiesbaden, Kreishandwerkerschaft, der Arbeitsagentur, dem Jobcenter und der
Stadt Wetzlar im positiven Sinne entgegenwirken. Es ist dennoch sehr wichtig, dass die Unternehmen die Dimension der Herausforderungen auch heute schon
erkennen!“

Abschließend warb der Wirtschaftsdezernent dafür, dass die jetzt in das Rhein-Main-Gebiet pendelnden Bürgerinnen und Bürger sehr genau prüfen sollten,
ob sie nicht vergleichbar attraktive Arbeitsplätze im Lahn-Dill-Kreis in den nächsten Jahren erreichen könnten und damit wertvolle Lebenszeit hinzugewinnen,
anstatt diese im Zug oder auf der Autobahn zu verbringen.