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Flächenverlust führt zu dramatischer Verarmung an Bestäubern

Regionalmanagement Mittelhessen GmbH Gepostet von Regionalmanagement Mittelhessen GmbH in Aktuelles aus Mittelhessen 3 min. Lesezeit

Eine Schwebfliege (Helophilus sp.) auf der Blüte einer Wiesen-Flockenblume. (Foto: Frank Jauker)  Sie
zählen in Europa zu den Lebensräumen mit der höchsten biologischen Vielfalt, sind aber durch Nutzungsänderungen stark bedroht: Kalkmagerrasen. Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler der Universitäten Gießen, Göttingen und Würzburg haben die
Bestäubergemeinschaften in diesen gefährdeten blütenreichen Grünländern untersucht. Sie konnten zeigen, dass die Bestäubernetzwerke aus Wildbienen
und Schwebfliegen mit zunehmendem Verlust an Kalkmagerrasenflächen dramatisch verarmen.

Aus diesem Befund lassen sich wichtige Schlussfolgerungen auch für andere Ökosysteme ziehen – immerhin hängen über 70 Prozent der in Europa angebauten
Nutzpflanzen von Insektenbestäubung ab.

„Angesichts des Rückgangs der Insektenbiomasse in Deutschland um 75 Prozent zeigen diese Ergebnisse, wie wichtig es ist, dass wir uns auch auf die mit
dem Artenverlust verbundenen Veränderungen der Wechselbeziehungen zwischen den Organismen konzentrieren“,sagt Prof. Dr. Volkmar Wolters, Leiter der
AG Tierökologie an der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) und Koautor der in der Fachzeitschrift Ecology veröffentlichten Studie.„Denn diese Wechselbeziehungen
sind der Motor unserer Ökosysteme.“

Die Forscherinnen und Forscher untersuchten 32 in der Nähe von Göttingen gelegene Kalkmagerrasen. Dabei fanden sie heraus, dass die Verkleinerung der Flächen
von fünf auf 0,03 Hektar zu einem Verlust von 80 Prozent der Interaktionsmöglichkeiten zwischen Bestäubern und Pflanzen führte. Die Struktur der verbleibenden
kleinen und eng verknüpften Bestäubernetze wird besonders durch den Verlust der Wildbienen beeinflusst. Schwebfliegen, die als robuster gegenüber Umweltstörung
gelten, konnten diesen Funktionsverlust nicht ersetzen. Die weitreichenden Konsequenzen für das einmalige Ökosystem wurden deshalb deutlich, weil die
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einer aufwendigen Analyse erstmals den Beitrag verschiedener Bestäubergruppen zur Netzwerkstruktur quantifizieren
konnten.

„Spezialisierte Interaktionen, bei denen die Partner wenig Ausweichmöglichkeiten haben, sind besonders bedroht“, erläutert Dr. Frank Jauker, Erstautor
der Studie und Mitarbeiter an der Professur für Tierökologie der JLU. Übrig bleiben Generalisten, die wegen ihrer geringen Ansprüche an die jeweiligen
Interaktionspartner weniger leistungsfähig sind. „Es ist für uns erstaunlich und sehr beunruhigend, dass Wildbienen und Schwebfliegen, die in ihrer
Funktion doch so verschieden sind, ähnliche Muster zeigten.“ Eine unter Expertinnen und Experten weit verbreitete Meinung könnte sich somit als Irrtum
erweisen: Gemeinschaften, in denen Arten mit sehr unterschiedlichen Eigenschaften interagieren, seien relativ unempfindlich gegen Umweltveränderungen.