Zwei Wissenschaftlerinnen der Philipps-Universität Marburg haben
am Freitagabend den Wissenschaftspreis 2015 der Industrie- und Handelskammer (IHK) Kassel-Marburg erhalten. Universitätspräsidentin Prof. Dr. Katharina Krause und der Vorsitzende des IHK-Regionalausschusses Peter Lather überreichten Urkunde und
Scheck an Dr. med. dent. Simone Dudda vom Fachbereich Medizin für die von ihr entwickelte Methode, die Funktionsdauer von Zahnfüllungen erheblich zu
erhöhen. Die Auszeichnung ist mit 5.200 Euro dotiert. Den parallel vergebenen Förderpreis und 1.600 Euro erhielt Celine Mara Zumkeller vom Fachbereich
Biologie für ihre Grundlagenforschung in der synthetischen Biologie.
Der Wissenschaftspreis:
Dank der von Dr. med. dent. Simone Dudda entwickelten Methode halten die Kunststofffüllungen in Zähnen nun erheblich länger. Im Kern werden mechanische
Spannungen am Übergang zwischen Füllung und Zahn minimiert, ohne dass ein Zahnarzt die Behandlung verlängern muss. Dafür wurde eine neue Applikationseinrichtung
gebaut. Bei dieser kommt eine wohldosierte Menge Licht gezielt zum Einsatz – üblicherweise achten Zahnärzte sehr darauf, dass möglichst wenig Licht
auf das Füllungsmaterial gelangt, damit es nicht zu früh aushärtet. Die neue Vorgehensweise überzeugt auch die Fachwelt: Die Philipps-Universität hat
die Erfindung an eine international agierende Dentalfirma verkauft. Zugleich sind Patente in Europa und den USA angemeldet.
Die 26-Jährige hat „mutig eine verwegene Hypothese überprüft und bestätigt und daraus ein neues Verfahren entwickelt“, lobt ihr Doktorvater Prof. Dr. Michael
Gente. Die Versuche zu diesem „absolut exotischen Lösungsansatz“ starteten bereits im vierten Fachsemester. Dr. med. dent. Simone Dudda hat zwischen
Oktober 2008 und November 2014 an der Philipps-Universität Marburg studiert und ihren Doktor-Titel erworben. Heute arbeitet die gebürtige Essenerin
in der Zahnarztpraxis Dr. Max Heuermann in Münster.
Der Förderpreis:
Grundlagenwissen für ein Forschungsgebiet erarbeitet, das noch in den Kinderschuhen steckt: Das ist die Leistung, für die Celine Mara Zumkeller mit
dem IHK-Förderpreis geehrt worden ist. Es handelt sich um die synthetische Genomik, einem Teilgebiet der synthetischen Biologie. Deren Potenzial für
die Industrie ist enorm, speziell für bio-basierte Verfahren, wie zum Beispiel der Produktion von Wirkstoffen in Mikroorganismen.
Fast alle Bakterien codieren ihre genetischen Informationen auf einem einzelnen Chromosom. Um neue Eigenschaften in ein Bakterium zu übertragen, werden
heutzutage kleinere DNA-Moleküle außerhalb einer Zelle leicht modifiziert und dann in das Bakterium eingebracht. Ein zweites, synthetisches Chromosom
wäre jedoch aufgrund seiner Stabilität und dem zusätzlichen Speicherplatz für industrielle Prozesse von Vorteil. Zu diesem Zweck hat das Team um Prof.
Dr. Torsten Waldminghaus das synthetische, sekundäre Chromosom synVicll konstruiert und die 24-Jährige dieses dann bezüglich ihrer Eigenschaften analysiert
und weiter entwickelt. Dieser Prototyp wurde als zweites, zusätzliches Chromosom in das Bakterium E-scherichia coli eingepflanzt.
Das Ergebnis: Es ist in der Tat möglich, Bakterien ein zweites Chromosom einzusetzen und dieses so zu optimieren, dass es dauerhaft vererbt und zugleich
nicht integriert wird. Damit habe Zumkeller „die innovative Idee eines synthetischen sekundären Chromosoms einen guten Schritt weiter in Richtung einer
biotechnologischen Anwendung gebracht“, erklärte der vormalige Dekan des Fachbereichs Biologie und kürzlich gewählte Marburger Vizepräsident, Prof.
Dr. Michael Bölker, in seiner Begründung, Celine Mara Zumkeller für den IHK-Förderpreis vorzuschlagen. Die gebürtige Lörracherin war von Oktober 2012
bis August 2015 an der Philipps-Universität Marburg und schloss das Studium mit dem Bachelor of Science (Biologie) ab. Derzeit arbeitet sie an ihrem
Master-Abschluss in Biotechnologie an der Universität von Edinburgh.
Wissenschaftsförderung ist auch Wirtschaftsförderung
„Der IHK-Wissenschaftspreis steht als Symbol und Marke für die gemeinsame Verpflichtung, dass Wissenschaft und Wirtschaft auch Beiträge zur gesellschaftlichen
und wirtschaftlichen Wohlfahrt leisten“, sagte der Vorsitzende des IHK-Regionalausschusses Marburg, Peter Lather. Durch eine solche Zusammenarbeit
erwachse eine zentrale Treiberfunktion für die Unternehmen aus der Region. „Ohne die Universität Marburg sähe unser Wirtschaftsraum komplett anders
aus“, hielt Lather fest. „Regionale Wissenschaftsförderung ist auch immer wieder regionale Wirtschaftsförderung.“
„Mit der Industrie- und Handelskammer Kassel-Marburg verfügt die Philipps-Universität Marburg über einen langjährigen Partner, der immer wieder Impulse
aus der Forschung aufgreift“, sagte Universitätspräsidentin Prof. Dr. Katharina Krause. „Der Wissenschaftspreis stellt für unseren wissenschaftlichen
Nachwuchs einen wichtigen Ansporn und ein Bindeglied in die Unternehmenswelt dar. Vor allem schätzen wir die Ermutigung, die für sehr junge Forscherinnen
und Forscher vom Nachwuchspreis für Abschlussarbeiten ausgeht.“
Die Pressemitteilung der Uni Marburg finden sie hier.