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Integration durch Berufsausbildung – Bündnispartner unterzeichnen Erklärung

Regionalmanagement Mittelhessen GmbH Gepostet von Regionalmanagement Mittelhessen GmbH in Aktuelles aus Mittelhessen 9 min. Lesezeit

Hessens
Wirtschaft, Politik und Arbeitsverwaltung stellen sich verstärkt auf die Berufsausbildung junger Zuwanderer ein. „Die 2015 und 2016 in unser Land gekommenen
Flüchtlinge verlassen nach und nach die Sprachfördermaßnahmen“, sagte Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir am Freitag in Wiesbaden nach einem Treffen
des Bündnisses Ausbildung Hessen. „Nun stellt sich die Aufgabe der Weiterqualifizierung. Wir sind uns einig, dass die berufliche Ausbildung das zentrale
Instrument zur Integration ist. Für die Betriebe bieten sich neue Chancen, dringend benötigte Fachkräfte zu gewinnen.“

Während immer mehr Schulabgänger an die Hochschulen streben, ist die Zahl der Auszubildenden in Hessen 2016 um 1,7 Prozent auf 94.000 gesunken. Dabei konnten
nicht alle Stellen besetzt werden. Gleichzeitig wächst die Zahl junger Flüchtlinge, die die Sprachförderklassen an Beruflichen Schulen des Programms
InteA (Integration durch Anschluss und Abschluss) verlassen. 

Sprachdiplom soll Transparenz schaffen 

Als Hilfe auf dem Weg in die duale Ausbildung können Absolventen der InteA-Klassen künftig das Deutsche Sprachdiplom I Pro (DSD I Pro) ablegen. Dies erleichtert
es den ausbildenden Betrieben, die Deutschkenntnisse der Bewerber einzuschätzen. Die Bündnispartner hoffen, damit Transparenz zu schaffen. In einer
am Freitag unterzeichneten Erklärung rufen sie die hessischen Ausbildungsbetriebe auf, das Diplom als Nachweis ausreichender Sprachkenntnisse zu akzeptieren.
Die Vereinbarung sieht außerdem vor, dass nach abgeschlossener Berufsausbildung das Abschlusszeugnis der Berufsschule dem der Haupt- oder Realschule
gleichgestellt werden kann, so dass sich die beruflichen Perspektiven der Absolventen erweitern.

Duale Berufsausbildung weiter stärken 

Das Bündnis Ausbildung Hessen besteht seit 2015. Mitglieder sind die Arbeitsgemeinschaften hessischer Industrie- und Handelskammern sowie der Handwerkskammern,
die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände, der Verband Freier Berufe in Hessen, die kommunalen Spitzenverbände, der DGB Hessen-Thüringen,
die Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit und die Landesregierung. Ziel ist die Stärkung der dualen Ausbildung unter anderem durch

erweiterten Hochschulzugang: Zu den bisherigen Ergebnissen zählt, dass beruflich Qualifizierte seit Wintersemester 2016/17 auch ohne
Abitur an hessischen Hochschulen studieren können, wenn sie u. a. ihre Ausbildung mit einer Durchschnittsnote von mindestens 2,5 abgeschlossen
haben. Bislang haben das 80 Männer und Frauen genutzt.

schnelleren Übergang von der Schule in den Beruf: Dazu beginnt im kommenden Schuljahr mit der Berufsfachschule zum Übergang in Ausbildung
(BÜA) ein Schulversuch, der den Teilnehmerinnen und Teilnehmern möglichst frühzeitig einen Übergang in eine Ausbildung ermöglicht. Minister Al-Wazir
appellierte an die Wirtschaft, die hierfür notwendigen Praktikumsplätze in den Unternehmen zur Verfügung zu stellen.

ein hessenweit gültiges kostengünstiges Azubi-Ticket: Das von August an geltende Schülerticket ermöglicht auch Auszubildenden, für
365 Euro im Jahr hessenweit Busse und Bahnen zu nutzen. „Es erweitert den Raum, in dem die Jugendlichen nach Ausbildungsstellen suchen können.
Die Betriebe profitieren ebenfalls davon – ein Gewinn für beide Seiten“, sagte Minister Al-Wazir.

Dr. Norbert Reichhold, Vize-Vorsitzender der IHK Arbeitsgemeinschaft Hessen, appellierte an die Schulen, die Jugendlichen bei der Berufsorientierung zu
unterstützen: „Es ist an der Zeit, dass wir alle den Nutzen der dualen Ausbildung – gerade auch für Abiturienten – deutlicher hervorheben. Die Wirtschaft
hat im vergangenen Jahr 5,5 Prozent mehr Ausbildungsplätze als 2015 angeboten und ihre Aufgabe im Bündnis für Ausbildung bewältigt. Mittlerweile bleibt
aber jeder 20. Ausbildungsplatz in Hessen unbesetzt.“

Dr. Frank Martin, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit, wies auf die Bedeutung stetiger Weiterbildung
hin: „Die frühzeitige Ansprache und kontinuierliche Unterstützung junger Menschen, die ihren beruflichen Weg finden müssen, hat allergrößte Priorität.
Die Bundesagentur für Arbeit bietet Auszubildenden, Beschäftigten und Unternehmen dafür eine große Auswahl an Unterstützungsmöglichkeiten. Eine abgeschlossene
Berufsausbildung ist Voraussetzung für eine qualifizierte Arbeitsstelle und bildet die Basis, um durch gezielte Weiterbildung langfristige Beschäftigungssicherheit
zu garantieren.“

Dr. Karin Hahne, Präsidentin des Verbandes Freier Berufe in Hessen (VFBH), drang auf ungeschmälerte Qualitätsstandards: „Die Qualität der Ausbildung muss
erhalten bleiben, obwohl gerade in den medizinischen und beratenden Ausbildungsberufen der Freien Berufe die Anforderungen ständig steigen. Deswegen
ist eine kontinuierliche begleitende Betreuung und Förderung ausgesprochen hilfreich.“

Für die kommunalen Spitzenverbände zog Stephan Gieseler, Geschäftsführender Direktor des Hessischen Städtetages, eine positive Zwischenbilanz des Bündnisses:
„Die Ausbildungsplatzzahlen der kommunalen Verwaltungen sind nach wie vor auf einem hohen Stand und belegen, dass die Kommunen auch in finanziell schwierigen
Zeiten ihre Verantwortung wahrnehmen und jungen Menschen eine berufliche Zukunftsperspektive bieten. Mit dem Bekenntnis zum Deutschen Sprachdiploms
I PRO als Qualitäts- und Evaluationsinstrument sorgen wir auch dafür, dass alle Jugendlichen fit für die Aufnahme eines Ausbildungsverhältnisses gemacht
werden.“

Für die Arbeitsgemeinschaft der Hessischen Handwerkskammern erklärte deren Präsident Heinrich Gringel, dass der neue Modellversuch „Berufsfachschule zum
Übergang in Ausbildung“ auf Grund einer veränderten Lernkultur mit individuellen Reflexions- und Beratungsgesprächen sowie einer intensive Begleitung
in kleinen Lerngruppen, sicher einen gezielten Übergang in eine passgenaue duale Berufsausbildung bewirken kann: „Entscheidend für den Erfolg des Modellversuches
wird allerdings sein, dass frühzeitig und in hoher Zahl der Übergang in die Ausbildung tatsächlich gelingen wird.“

Der DGB sprach sich für eine am technologischen Wandel orientierte Weiterentwicklung der beruflichen Bildung aus. „In Hessen landen nur 61 Prozent der
Ausbildungsinteressierten am Ende tatsächlich in einer Berufsausbildung“, sagte Matthias Körner, Regionsgeschäftsführer Mittelhessen. „Immer noch befinden
sich zahlreiche Jugendliche in Maßnahmen des Übergangssystems. Die Zahl von Menschen, die sich unmittelbar nach der Berufsausbildung zunächst arbeitslos
melden, ist zwar leicht gesunken, aber angesichts der Klage über den Fachkräftemangel mit 27 Prozent in Westdeutschland immer noch erstaunlich hoch.“