Die Osteuropaforschung
an der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) und am Standort Mittelhessen wird
mit einem neuen LOEWE-Schwerpunkt noch einmal wesentlich gestärkt. „Konfliktregionen im östlichen Europa“ nimmt der neue Schwerpunkt
in den Blick, der vom Land Hessen im Rahmen der Landes-Offensive zur Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz (LOEWE) bewilligt wurde.
Es handelt sich um einen gemeinsamen Antrag des Gießener Zentrums Östliches Europa (GiZo) der JLU und des Marburger Herder-Instituts für historische Ostmitteleuropaforschung,
einem Institut der Leibniz-Gemeinschaft, der mit seinen vielversprechenden Ansätzen zur weiteren Vernetzung jetzt von Erfolg gekrönt wurde. Die Fördersumme
beträgt 3,93 Millionen Euro.
Der Osteuropaforschung kommt eine wichtige Vermittlerrolle zwischen den verschiedenen Systemen und Denkmustern zu. Die Annexion der Krim und die Sanktionen
des Westens gegenüber Russland führten 2014 zu einem neuen Ost-West-Konflikt. Der neue LOEWE-Schwerpunkt wird als Voraussetzung für Lösungsstrategien
in diesem neuen Konflikt Deutungswissen erarbeiten und bereitstellen. Durch neue Formen der Wissenschaftskommunikation zwischen Ost und West soll einer
erneuten Spaltung Europas entgegengewirkt werden.
Die beiden Koordinatoren des LOEWE-Schwerpunkts, Prof. Dr. Monika Wingender, Geschäftsführende Direktorin des GiZo, und Prof. Dr. Peter Haslinger, Direktor
des Herder-Instituts, freuen sich über ihren gemeinsamen Erfolg, der ohne die bereits ein Jahrzehnt währende intensive und interdisziplinäre Zusammenarbeit
nicht möglich gewesen wäre: „Die Bewilligung kommt pünktlich zum 10-jährigen Jubiläum des GiZo, das im Juli 2006 gegründet wurde“, freut sich Prof.
Wingender. Damals war auch der Kooperationsvertrag zwischen der JLU Gießen und dem Herder-Institut Marburg neu aufgelegt worden, der jetzt in Form
dieses neuen Verbundprojektes weitere Früchte trägt. „Als Grundlage für unseren gemeinsamen Erfolg sehen wir die Vorarbeiten durch das seit 2013 geförderte
Thematische DAAD-Netzwerk ,Kulturelle Kontakt- und Konfliktzonen im östlichen Europa‘ und die seit Jahren sehr enge Zusammenarbeit zwischen GiZo und
Herder-Institut“, ergänzt Prof. Haslinger.
JLU-Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee beglückwünscht beide Partner zur Bewilligung des neuen LOEWE-Schwerpunkts: „Die Bewilligung des LOEWE-Schwerpunkts
bestätigt einmal mehr die regionale Schwerpunktbildung der JLU im östlichen Europa und den Mehrwert der strategischen Partnerschaft des Gießener Zentrums
Östliches Europa und des Herder-Instituts für historische Ostmitteleuropaforschung. Ich bin sicher, dass vom GiZo und dem Herder-Institut im Rahmen
des neuen Schwerpunkts weitere wichtige Impulse für Wissenschaft und Politik ausgehen.“
Die Forschungsvorhaben sind thematisch breit und interdisziplinär angelegt: Über die aktuelle Ukraine-Russland-Krise hinaus analysiert der neue LOEWE-Schwerpunkt
die Geschichte und die Gegenwart weiterer Konfliktregionen im östlichen Europa. Durch welche Akteure und Medien werden Konflikte konstruiert, wie manifestieren
sich die Konflikte, welche Dynamiken kennzeichnen die Konfliktverläufe und wie sind konkurrierende Interpretationen zu bewerten? Diesen und weiteren
Fragen gehen die Forscherinnen und Forscher in insgesamt 12 Postdoc- und Doktorandenprojekten nach. Beteiligt sind die Fachgebiete Osteuropäische Geschichte,
Slavistik, Turkologie, Politikwissenschaft und Soziologie.
Die Nachwuchsprojekte werden von einem Transferprojekt begleitet, das zahlreiche öffentlichkeitswirksame Maßnahmen vorsieht, darunter Medienpartnerschaften,
Ost-West-Tandem-
Autorenschaften und Ost-West-Dialog-Symposien. Der LOEWE-Schwerpunkt nutzt dabei die neuen digitalen Kommunikationsmöglichkeiten und unterstützt durch
entsprechende Lehrmaßnahmen im internationalen Projektnetzwerk die Reflexion über die konkurrierenden Deutungsgrundlagen in Ost und West.
Alle einschlägigen hessischen Institutionen sind mit an Bord: das Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung, das Deutsche Polen-Institut
Darmstadt, das Zentrum für Konfliktforschung Marburg und die Schader-Stiftung Darmstadt.
Beteiligung an LOEWE-Schwerpunkt der Goethe-Universität Frankfurt in der Theologie
Die JLU ist an einem weiteren LOEWE-Schwerpunkt beteiligt, den die Goethe-Universität Frankfurt eingeworben hat. Prof. Dr. Roderich Barth vom Institut
für evangelische Theologie der JLU forscht gemeinsam mit den Frankfurter Kolleginnen und Kollegen im Projekt „Religiöse Positionierung: Modalitäten
und Konstellationen in jüdischen, christlichen und islamischen Kontexten“. Der LOEWE-Schwerpunkt konzentriert sich auf die historische Erfahrung und
die religiösen Ressourcen von Judentum, Christentum und Islam hinsichtlich des Umgangs mit religiöser Vielfalt und Differenz.