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„Der Applaus ist das Brot des Künstlers“ verfasste einst Johannes Gross und es bewahrheitet so viel! Denn dieses Gleichnis beinhaltet gleich zwei wesentliche Grundpfeiler eines Wirtschaftszweiges, welcher derzeit mit zu den am stärksten betroffenen durch die Corona-Regelungen zählt. Es existiert kein klassisches Publikum, was zu einem Totalausfall entsprechender Einnahmen für Künstler- und Kulturschaffende führt und es fehlt das Feedback und die Interaktion mit einem Publikum, was die Kunst als solche erschwert.

So entstand genau zu Ostern die Idee, damals auch eher als einmaliger Spass konzipiert, heimische Clubs bzw. DJs selbiger erlebbar zu machen. Erlebbar deshalb, da Clubmusik und Clubkultur in Zeiten Sozialer Dienste mehr ist, als das Abspielen eines Musikstückes. Vielmehr sind es die Künstler selbst sowie die entsprechenden Locations, die im Vordergrund stehen. Doch was tun, wenn Clubs wohl noch lange geschlossen sein dürften? „Wir machen uns an anderen einzigartigen Orten sicht- und hörbar, die für Marburg und Umgebung symbolisch stehen und viele Menschen nicht nur in Erinnerungen schwelgen lassen…“, so Initiator Stefan Oberhansl. Er ergänzt: „Wir zeigen, dass wir noch da sind und auch weiterhinEure Musik für Euch spielen!“ und genau dazu nutzt das Projekt „Marburger Clubs United diese neue Kommunikationswege. In Form von sogenannten Live-Streams über Facebook, Instagram und neuerdings auch Twitch ging die sich in wenigen Tagen formierte DJ-Gruppe an die Umsetzung – und mit dem, was dann passierte, hat keiner der Teilnehmer auch nur im Ansatz gerechnet. DJ Quentin, selbst DJ-Urgestein und stets auf’s Neue auch Head-Moderator der allwöchentlichen Sets: „Stefan rief mich an und ich fand die Idee sofort klasse. Folglich Ehrensache, dass ich dabei bin. Wir kontaktierten dann noch weitere aus der Szene an schon ging’s am 18.04. los. Wir verfolgten die Zahlen derer, die sich zuschalteten und eswurden immer mehr!“.

Luke van Lem, alias Lukas Lemmrich, natürlich auch heimischer DJ, dessen Vater zudem auch unmittelbar bereit war, kostenlos Equipment zu stellen und als Eventausrüster natürlich auch stark betroffen, so wie übrigens alle Akteure des Projektes von Anfang an ehrenamtlich agier(t)en, ergänzt: „Ok, mit 500 – 1.000 Abrufen hätte ich gerechnet, denn es gibt hier schon eine kleine-feine Clubmusikszene und natürlich waren alle in Zeiten des harten Lock-Down in Ihren Wohnungen verhaftet, aber mehr als 20.000 gleich beim ersten Stream – unglaublich!“ Dieser Erfolg der „Spassaktion“ weckte sogleich auch Offizielle, Erster namentlich Jan Röllmann, Chef des Stadtmarketing Marburg e.V.. „Super Sache und das unterstützen wir gerne.“ Das war Ansporn und Aufforderung im positivem Sinne zugleich und es folgten bis heute 20 einzigartige Wochen, wie Oberhansl resümiert. Auch schlossen sich recht schnell zur Unterstützung des Projektes die Kreisverwaltung des Landkreises Marburg-Biedenkopf, der städtische Fachdienst Kultur sowie die Sparkasse Röllmanns Ansicht an. Seitdem galt und gilt es wiedererkennungswürdige bzw. innovative Location-Ansätze zu finden, denn nichts emotionalisiert Menschen mehr, explizit in Zeiten starker Ausgangsbeschränkungen, wenn man ihnen ihre schöne Heimat zeigt bzw. Einrichtungen mit entsprechendem Charakter und Historie einbindet – so die Auffassung der Aktiven von Marburger Clubs United. Auch weitere DJs und Club-/Kulturstättenbetreiber wurden integriert, hier nur exemplarisch genannt: der Nachtsalon mit DJ Matt-C, DJ G*Star mit seiner unglaublichen Fanbase und wer ihn einmal live gesehen hat, weiß warum, DJ-Urgestein wie Pascal Nury (u.a. Planet Radio), Timo Baldoa, DJane Perla Nera uvm.

Doch der Hintergedanke hinter allem Spass, das ist den Aktiven weiterhin sehr wichtig, ist ein sehr Ernster: „Die Clubszene, aber auch Musik im Allgemeinen, sowie der gesamte kulturelle Sektor stehen durch die völlig verständlichen Corona-Maßnahmen vor teilweise nicht zu bewältigenden Problemen, sollten man hier keine geeigneten Hilfemaßnahmen an- bzw. Konzepte umsetzen. Auf der anderen Seite ist die Kulturszene ein bestimmendes Element einer Gesellschaft und Menschen, allen voran in einer jungen Universitätsstadt sowie deren Umfeld werden sich nicht dauerhaft nur in den eigenen vier Wänden aufhalten wollen, ja auch nicht können“ fügt Oberhansl hinzu. „Es wird eine erhebliche Herausforderung der nahen Zukunft, aber wohl mit Wirkung noch für viele weitere Monate, sein, Konzepte zu erschaffen, die kontrollierbare – eben corona-Bestimmungen-entsprechende – Events u.a. Formate umsetzbar zu machen. Alles andere wird Menschen in illegale bzw. nicht steuerbare Versammlungen drängen, denn der Austausch und das Treffen mit Menschen ist ein Grundbedürfnis von uns allen. Die Frage ist doch viel mehr: Stellen wir uns dieser Aufgabe oder glauben wir mit einfachen Verboten nicht nur nächtliche Ausschreitungen in vielen Städten zu verhindert? Dies scheitert doch jetzt schon an der Kontrollierbarkeit bzw. dauerhaften Überwachung und ggf. entsprechender Maßnahmen durch die dafür zuständigen Ämter. Auch wären diese damit – bei hohem Verständnis für deren Arbeit – völlig überfordert.“

Spass und Gesellschaft und Corana-Bestimmungen müssen dabei keinen Widerspruch darstellen, so die Sichtweise der Projektteilnehmer. Augen vor der Realität zu verschließen, dass sich Menschen ihre Ventile jedoch suchen werden, sollte es keine entsprechenden Angebote geben, hingegen schon. Dieser Aufgabe will sich die „Familie“ von Marburger Clubs United, wie sie sich nach 20 Wochen enger Zusammenarbeit zwischenzeitlich selbst verstehen, gerne stellen und möchte gerne weitere Kulturschaffende und Verantwortliche einladen, hier in den Dialog zu treten. „Ihr könnt Euch noch auf einiges gefasst machen“ – finalisiert die „Familie“ mit einem durchaus stolzem Lächeln auf das Bisherige zurückblickend – und meint damit schon in der Planung befindliche Ansätze. Wer in Zukunft informiert bzw. rechzeitig informiert bleiben möchte: www.marburgerclubsunited.deHier gibt es zudem auch einige der Playlists der DJs und Live-Künstler uvm.