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Neues LOEWE-Zentrum DRUID erforscht vernachlässigte Tropenkrankheiten

Regionalmanagement Mittelhessen GmbH Gepostet von Regionalmanagement Mittelhessen GmbH in Aktuelles aus Mittelhessen 8 min. Lesezeit

Mehr als eine
Milliarde Menschen in rund 150 Ländern der Welt leiden unter vernachlässigten Tropenkrankheiten – „Neglected Tropical Diseases“ (NTDs) – die sich unter
den Bedingungen von Armut und Elend rasch verbreiten. Dengue-Fieber und Chikungunya, Ebola- und Zika-Virusinfektionen, aber auch Leishmaniose, Trypanosomiasis
und Schistosomiasis sind derartige gefährliche Krankheiten, die durch Viren, Bakterien, Parasiten oder Pilze verursacht werden und die für die Patientinnen
und Patienten akut lebensbedrohlich sein oder zu schweren chronischen Erkrankungen führen können.

Einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der NTDs leisten über 40 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in über 30 interdisziplinären Arbeitsgruppen.
Partner der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) sind dabei die Philipps-Universität Marburg, die Goethe-Universität Frankfurt,
das Paul-Ehrlich-Institut Langen und die Technische Hochschule Mittelhessen. Umso größer ist die Freude bei allen Beteiligten, dass das Land Hessen jetzt in einer ersten
vierjährigen Förderperiode von 2018 bis 2021 das LOEWE-Zentrum Novel Drug Targets against Poverty-Related and Neglected Tropical Infectious Diseases (DRUID) mit einer Gesamtsumme von rund 19 Millionen Euro fördert. Die Gesamtleitung und wissenschaftliche Koordination des neuen LOEWE-Zentrums liegt bei der
Gießener Biochemikerin, Molekularbiologin und Medizinerin Prof. Dr. Katja Becker; die JLU war Antragstellerin.

Im neuen LOEWE-Zentrum DRUID sollen dringende Fragen zur Identifikation und Charakterisierung potenzieller Zielmoleküle für die Entwicklung von Wirkstoffen,
Vakzinen und Diagnostika gegen armutsassoziierte und vernachlässigte Infektionskrankheiten geklärt werden. An der Vorbereitung des Antrags haben maßgeblich
folgende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mitgewirkt, die größtenteils auch dem Lenkungsausschuss (Steering Committee) angehören werden: Sprecherin
Prof. Dr. Katja Becker, JLU, der stellvertretende Sprecher Prof. Dr. Stephan Becker, Virologie, Universität Marburg; Prof. Dr. Christoph G. Grevelding,
Parasitologie, JLU; Prof. Dr. Roland K. Hartmann, Pharmazeutische Chemie, Universität Marburg; Prof. Dr. Volkhard Kempf, Medizinische Mikrobiologie
und Krankenhaushygiene, Universität Frankfurt; Prof. Dr. Ger van Zandbergen, Immunologie, Paul-Ehrlich-Institut Langen; Prof. Dr. John Ziebuhr, Virologie,
JLU. Die administrative Koordination liegt bei Ulrike Burkhard-Zahrt, Biochemie und Molekularbiologie im IFZ der JLU.

JLU-Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee gratuliert allen beteiligten Forscherinnen und Forschern in den verschiedenen Institutionen herzlich, die mit
ihrer Expertise und langjährigen wissenschaftlichen Kooperationen die Realisierung des neuen LOEWE-Zentrums erst möglich gemacht hätten: „Sie alle
haben frühzeitig Weitblick bewiesen und stellen sich gemeinsam im neuen LOEWE-Zentrum DRUID hochaktuellen internationalen Herausforderungen, die sich
bei der Bekämpfung vernachlässigter Tropenkrankheiten ergeben. Es zeigt sich einmal mehr, dass internationale Spitzenforschung nur in einem funktionierenden
Netzwerk gelingen kann.“ Der Dank des Präsidenten richtete sich auch an die Verantwortlichen in Wiesbaden: „Ich bin dem Land Hessen sehr dankbar, dass
mit dieser wegweisenden Entscheidung die Infektions- und Wirkstoffforschung in Hessen, ausgehend vom Medizin-Standort Gießen, noch einmal eine deutliche
Aufwertung erfährt.“ Die Präsidentin der Philipps-Universität Marburg, Prof. Dr. Katharina Krause, schließt sich den Glückwünschen an und betont: „Das
neue LOEWE-Zentrum vereint die wissenschaftliche Kompetenz in Hessen auf dem Gebiet der Infektionskrankheiten. Es ist seit langer Zeit das erste große
gemeinsame Forschungsvorhaben der drei hessischen Medizinstandorte Gießen, Marburg und Frankfurt. Diese Konstellation ist aus meiner Sicht ein Garant
für den Erfolg des Vorhabens.“

Rahmenbedingungen

„Die Bekämpfung vernachlässigter Tropenkrankheiten ist aus medizinischer und humanitärer Sicht eine zwingende Notwendigkeit“, erläutert Prof. Katja Becker
die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für die wissenschaftliche Kooperation im LOEWE-Zentrum DRUID. „Wir leisten mit unserer interdisziplinären
Arbeit zugleich auch einen entscheidenden Beitrag zur Unterbrechung von Armutskreisläufen, die nicht nur Infektionsrisiken erhöhen, sondern auch zu
existenzbedrohenden Lebensumständen, sozialer Ungerechtigkeit, Gewaltbereitschaft und Migration führen.“ Die Erfahrungen hätten gelehrt, wie sehr Instabilität,
Gewalt, Verschleppung, Migration und Mobilität sowie klimatische Veränderungen die Verbreitung von NTDs begünstigen. Zudem gebe es für die meisten
NTDs zu wenige wirksame Medikamente; viele der derzeit eingesetzten Wirkstoffe hätten schwere Nebenwirkungen zur Folge und es seien immer stärker auch
Resistenzen zu befürchten, ergänzt die Gießener Wissenschaftlerin.

Wissenschaftliche Arbeit am LOEWE-Zentrum DRUID

Am LOEWE-Zentrum DRUID sollen die in Hessen vorhandenen Kapazitäten und Expertisen gebündelt werden. In fünf Projektbereichen werden Targets (Zielmoleküle)
aus Transkription/Translation, zytosolische und membranassoziierte Targets sowie Targets in Wirten und Vektoren adressiert. Da die vorgeschlagenen
Projekte hohes Translationspotenzial haben, sind die enge Kooperation mit Partnern aus der Wirtschaft und der Weg in die Anwendung vorgesehen. Um der
Komplexität des Themas gerecht zu werden und effiziente Vernetzungsstrukturen aufzubauen, sollen darüber hinaus weitere Partner auf nationaler und
internationaler Ebene eingebunden werden.

Die Wissenschaftsakademien der G7-Länder haben eine Verstärkung der Forschung der NTDs gefordert. Auf diese Forderung geht das neue LOEWE-Zentrum DRUID
sehr konkret ein. Hier wird neben der Identifikation neuer Zielmoleküle für die Wirkstoffentwicklung auch die Grundlagenforschung im Vordergrund stehen
– insbesondere zur Biologie der Infektionserreger, der Wirtsantwort und der Wechselwirkung mit anderen Erkrankungen oder Infektionen. Gleiches gilt
für die Untersuchung der krankheitsübertragenden Vektoren und Zwischenwirte und die Erarbeitung neuer Strategien zu ihrer Kontrolle. Dies alles soll
von der Entwicklung neuer Technologien, der engen Kooperation mit Industriepartnern sowie der Ausbildung spezialisierter Nachwuchswissenschaftlerinnen
und -wissenschaftler begleitet werden.