Mit einem Gemeinschaftsprojekt erleichtert Hessen
jungen Flüchtlingen und Zuwanderern den Weg zum Berufsabschluss: „Als bisher einziges Land baut Hessen eine nahtlose Förderkette von der Berufsorientierung
bis zum Ausbildungsabschluss auf. In jeder Phase erhalten die Teilnehmer berufsbezogene Sprachförderung“, erläuterte Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir
am Montag in Wiesbaden. „Arbeit und Ausbildung sind wichtige Voraussetzungen für die Integration. Ich freue mich außerordentlich, dass bei dieser gesamtgesellschaftlichen
Aufgabe alle an einem Strang ziehen.“
An dem Programm „Wirtschaft integriert“ beteiligen sich die Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit, der Hessische Handwerkstag, die Arbeitsgemeinschaft der hessischen Industrie- und Handelskammern sowie das Bildungswerk der Hessischen Wirtschaft.
Die Landesregierung stellt dafür 11 Mio. Euro bereit. Zielgruppe sind Frauen und Männer unter 27 Jahren, die noch nicht genug Deutsch sprechen, um
eine Ausbildung ohne Hilfe zu absolvieren. Teilnehmen können schon länger hier lebende Menschen mit Migrationshintergrund, anerkannte Flüchtlinge ebenso
wie Asylbewerber mit Bleibeperspektive sowie geduldete junge Menschen ohne Arbeitsverbot.
„Mit diesem Programm gehen wir gemeinsam einen weiteren wichtigen Schritt, um die Integration der Neuzuwanderer in unserer Gesellschaft voranzutreiben.
Orientierung, Qualifizierung und Ausbildung sind wichtige Stellschrauben, damit Arbeitslosigkeit und der Verbleib in den Sozialsystemen vermieden wird.
Nach den derzeit vorliegenden Daten haben über 80 Prozent der Zuwanderer keine abgeschlossene Berufsausbildung und ein Großteil keinen Schulabschluss.
Ein Drittel des Personenkreises ist unter 25 Jahren. Hier müssen unsere Bemühungen besonders greifen, um diese jungen Menschen fit für den Ausbildungsstart
zu machen. Das Projekt Wirtschaft integriert hilft mit einer erstmals durchgängigen und vorbildlichen Förderkette“, so Dr. Frank Martin, Leiter der
Regionaldirektion Hessen.
Am Anfang steht die Berufsorientierung: In Werkstätten, vorwiegend in den Bildungszentren der hessischen Handwerksorganisationen, erproben sich die jungen
Menschen drei Monate lang praktisch in mindestens drei Berufsfeldern und lernen die Arbeitswelt kennen. Sie werden dabei sozialpädagogisch begleitet,
verbessern ihr Deutsch, werden bei ihrer Berufswahl unterstützt und erhalten Hilfen beim Übergang in Ausbildung oder Einstiegsqualifizierungen. Auch
ein Praktikum kann dazugehören.
Rund 1.000 Plätze für Berufsorientierung mit Sprachförderung werden 2016 mit Beteiligung der Bildungszentren des Handwerks zur Verfügung stehen. Für den
Hessischen Handwerkstag erklärt dessen Geschäftsführer Harald Brandes: „Das Handwerk versteht sich nicht nur als Ausbildungsmotor der mittelständischen
Wirtschaft. Auch Integration ist für das Handwerk Verpflichtung wie Chance. Jeder fünfte im Handwerk beschäftigte Mensch hat einen Migrationshintergrund.
Die mehr als 130 Ausbildungsberufe des Handwerks stehen allen offen, deshalb können vor allem die Bildungszentren des Handwerks, die es überall in
Hessen gibt, Berufsorientierung auch für junge Flüchtlinge bieten. Unser Slogan der Handwerkskampagne macht klar, was Willkommenskultur des Handwerks
ist: Bei uns zählt nicht, wo man herkommt, sondern wo man hinwill.“
Als Brücke in die Ausbildung dient die sechs bis zwölf Monate dauernde Einstiegsqualifizierung. Dabei leisten die Teilnehmer Praktika in Ausbildungsbetrieben
ihres angestrebten Berufs. Gleichzeitig bereitet ein Stützangebot aus berufsbezogener Sprachförderung, Förderunterricht, Integrationshilfen und sozialpädagogischer
Begleitung sie auf den eigentlichen Ausbildungsbeginn vor. Für diese Einstiegsqualifizierung werden 700 Plätze finanziert.
„Viele hessische Unternehmen sind interessiert, junge Flüchtlinge und Neueinwanderer auszubilden. Die Industrie- und Handelskammern und die Handwerkskammern
engagieren sich in der Anwerbung von Qualifizierungs- und Ausbildungsplätzen. Mit diesem Programm setzen wir unsere Selbstverpflichtung zur Integration
von Flüchtlingen um“, sagte Dr. Brigitte Scheuerle von der Arbeitsgemeinschaft hessischer Industrie-und Handelskammern. „Bereits rund 1.000 Unternehmen
haben uns signalisiert, dass sie mit der Aufnahme von Flüchtlingen in Praktika, Ausbildung oder Arbeit zu der Verantwortung der Wirtschaft stehen.
Die hessischen Industrie- und Handelskammern werden das Programm im Rahmen ihres IHK-Aktionsprogramms unterstützen. Wir sind inzwischen auf viele hochmotivierte
junge Flüchtlinge gestoßen, in denen wir Fachkräfte von morgen sehen.“
Auch während der betrieblichen Ausbildung helfen spezielle Ausbildungsbegleiter den Flüchtlingen und ihren Ausbildungsfirmen, Probleme und Hürden auf dem
Weg zum Abschluss zu überwinden. Das Hessische Wirtschaftsministerium fördert 400 Ausbildungsplätze für Auszubildende mit erhöhtem Sprachförderbedarf
mit bis zu 4.000 Euro pro Platz.
Die Gesamtkoordination übernimmt das Bildungswerk der Hessischen Wirtschaft (BWHW). „In enger Zusammenarbeit mit den beteiligten Bildungseinrichtungen
gewährleisten wir die landesweite Umsetzung von Wirtschaft integriert nach einheitlichen Qualitätsstandards“, sagte Kai Weber, Mitglied der Geschäftsleitung
des BWHW. „Über eine Hotline bieten wir jungen Menschen, Ausbildungsbetrieben und allen, die sich beim Thema Flüchtlinge engagieren, Informationen
zum Projekt.“
Im April 2016 startet Wirtschaft integriert in Frankfurt, Fulda, Weiterstadt, Wetzlar und Wiesbaden. Bis zum Sommer werden ca. 15 Standorte an den Bildungszentren
des Handwerks und vergleichbaren Bildungsstätten eröffnet. Mehr Informationen gibt es über die Hotline 06421/30493-285 oder über wi@bwhw.de.
Ab Mai wird der Internetauftritt www.wirtschaft-integriert.degeschaltet.