„Das Artensterben findet weitgehend unbemerkt statt“, sagen die Macher von trackIT Systems in ihrem Videobeitrag auf dem Youtube-Kanal des Hessischen Gründerpreises. Die Klimakrise entscheide, wie wir überleben, die Biodiversitätskrise, ob wir überleben, fügen sie hinzu. Was es brauche, seien verlässliche Daten, um die vom Menschen verursachten Schäden zu verstehen und zu begrenzen. Genau dafür bieten die trackIT-Gründer Jannis Gottwald, Jonas Höchst und Patrick Lampe eine Lösung, für die sie jetzt im Marburger Lokschuppen mit dem Hessischen Gründerpreis in der Kategorie „Gesellschaftliche Wirkung“ ausgezeichnet wurden. Neben dem Preisträger Clever Sole ist das Start-up einer von zwei Gewinnern aus der Gründerregion Mittelhessen.
trackIT Systems entwickelt in Zusammenarbeit mit Forschenden einfach zu handhabende automatische und digitale Lösungen zur Erfassung von Wildtieren, heißt es auf der Website des in Cölbe bei Marburg ansässigen Unternehmens. Das Trio hat seinen Ursprung an der Philipps-Universität Marburg: Dort entwickelten sie eine Methode, mit der sich die Signale von besenderten Fledermäusen automatisch erfassen und in Echtzeit übertragen lassen – und zwar deutlich genauer und in größerer Zahl als bisher möglich. Was theoretisch klingt, hat über die Forschung hinaus einen praktischen Nutzen, denn Windkraftanlagen dürfen in der Nähe gefährdeter Arten nicht errichtet werden. Dieser Nachweis war bisher aufwändig und ungenau.
Neben dieser Win-Win-Situation für die Energiewende und die Biodiversität macht trackIT vor allem den Forscherinnen und Forschern das Leben leichter, ihre Arbeit schneller und die Ergebnisse aussagekräftiger. Neben Funktelemetriedaten, um Positionen, Bewegungsmuster und Verhalten von Tieren mit weltweit einzigartiger Genauigkeit in Echtzeit zu erfassen, verarbeitet die Hard- und Software von trackIT auch akustische Informationen. Um Tierstimmen zu erkennen, nutzt das System künstliche Intelligenz, um Tierstimmen zu identifizieren und den richtigen Arten zuzuordnen. Das alles geschieht in Echtzeit – ein großer Vorteil für Forschende, aber auch für Artenschützer, die sofort auf das Vorkommen bestimmter Arten reagieren können.
Zusammen mit Metadaten zu Standorten, Tierarten, Zeiträumen und Umweltbedingungen landet der Datenschatz per Smartphone-App in der eigens entwickelten Cloud-basierten Datenbank EcoHub. Weitere Softwarekomponenten von trackIT erleichtern es den Wissenschaftlern zudem, die Rohdaten in publikationsfähige Bilder umzuwandeln. Diese Werkzeuge und ihre Integration erleichtern es Wissenschaftlern und Naturschützern, aber auch Projektentwicklern, den Zustand der Biodiversität zu verstehen, um schneller reagieren zu können und so den Artenschutz voranzutreiben.
Genau das war auch die Motivation der drei Gründer. Jannis Gottwald hat seit 2010 als Fledermausgutachter zum Studium der Umweltinformatik an der Universität Marburg gefunden. Mit seinem Projekt 4.0 Sensing by Diversity widmete er sich der KI-gestützten Erkennung von Lebensräumen. Aus der Verbindung von universitärer Forschung und praktischer Anwendung entstand seit 2019 ein automatisiertes Monitoringsystem für Waldökosysteme, das schließlich in die Ausgründung trackIT Systems mündete.