Mittelhessische Unternehmen setzen trotz angespannter Lage auf Innovation und Fachkräftesicherung
Die aktuelle wirtschaftliche Stimmungslage in der Region Mittelhessen präsentiert sich im Herbst 2025 als herausfordernd und ist von einer spürbaren Zurückhaltung geprägt. Ein Blick auf die Konjunkturindizes der Industrie- und Handelskammern in unserem Gebiet verdeutlicht, dass der erhoffte Aufschwung bislang ausbleibt. Im Bezirk der IHK Gießen-Friedberg fiel der Klimaindex auf 88 Punkte und liegt damit deutlich unter der Wachstumsschwelle. Auch an Lahn und Dill setzt sich der Zick-Zack-Kurs fort, wobei der Index auf 86 Punkte gesunken ist. In der Region Limburg trübte sich die Stimmung nach einer kurzen Erholungsphase erneut ein, was sich in einem Rückgang auf 92,7 Punkte widerspiegelt. Ähnlich verhält es sich im Bereich der IHK Kassel-Marburg, wo der Index bei 96,1 Punkten stagniert und die 100-Punkte-Marke weiterhin unterschreitet. Diese Zahlen verdeutlichen den Ernst der Lage, da Werte unter 100 Punkten auf eine negative Gesamtstimmung oder ein ungünstiges Geschäftsklima hinweisen.

Die Ursachen für diese gedämpfte Stimmung sind vielschichtig und betreffen Unternehmen über alle Landkreisgrenzen hinweg. Als eines der größten Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung nennen die Betriebe die aktuellen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen. Hinzu kommen eine schwache Inlandsnachfrage sowie hohe Arbeits- und Energiekosten, die den Unternehmen die Luft zum Atmen nehmen und die Wettbewerbsfähigkeit belasten. Besonders die Industrie kämpft mit rückläufigen Aufträgen und einem zunehmenden internationalen Wettbewerbsdruck. Auch der Einzelhandel steht unter enormem Druck, wie der drastische Absturz des Klimaindex im Vogelsbergkreis auf einen Negativrekord von 31,4 Punkten zeigt. Im Bausektor, der lange Zeit eine Stütze der Konjunktur war, hat sich das Bild gewandelt, wobei der Index im Bezirk Kassel-Marburg um 43 Punkte eingebrochen ist und auch in Limburg spürbar nachgab.
Trotz dieser schwierigen Gemengelage gibt es in der Region Mittelhessen Lichtblicke und konkrete Ansätze, um den Herausforderungen zu begegnen. Eine bemerkenswerte Entwicklung zeigt sich im Bezirk der IHK Limburg, wo die Investitionsbereitschaft entgegen dem allgemeinen Trend steigt und rund ein Drittel der Betriebe plant, die Investitionen auszuweiten, um die eigene Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern. Auch der Dienstleistungssektor, insbesondere im Bereich der Finanzdienstleistungen im Bezirk Gießen-Friedberg, verzeichnet weiterhin positive Werte und sorgt für Zuversicht. Um dem Fachkräftemangel aktiv entgegenzuwirken, werden innovative Wege beschritten, wie etwa ein Pilotprojekt zur Gewinnung von Auszubildenden aus Nigeria für das Gastgewerbe. Zudem wird die Bedeutung attraktiver und sicherer Innenstädte betont, da diese nicht nur den Handel stärken, sondern auch entscheidend sind, um Fachkräfte in der Region zu halten. Initiativen wie „Heimat shoppen“ spielen hierbei eine wichtige Rolle, um die lokale Identität zu fördern und den stationären Handel sichtbar zu machen.
Um die Chancen der Region jedoch voll ausschöpfen zu können, formulieren die Kammern klare Forderungen an die Politik zur Lösung der strukturellen Probleme. Zentral ist der Ruf nach einem sofortigen Belastungsmoratorium und einem radikalen Bürokratieabbau. Gefordert werden zudem wettbewerbsfähige Energiepreise durch eine Senkung der Stromsteuer sowie steuerliche Anreize für Investitionen. Auch die Infrastruktur steht im Fokus, wobei der Ausbau wichtiger Verkehrsadern wie der A44 oder der Bergshäuser Brücke als unverzichtbar für die Leistungsfähigkeit des Standorts angesehen wird. Im Bereich der Mobilitätspolitik wird zudem Technologieoffenheit angemahnt, etwa in Bezug auf das Verbrenner-Aus. Die Unternehmen benötigen jetzt verlässliche politische Signale und konkrete Reformschritte, um wieder Vertrauen zu fassen und die Investitionszurückhaltung, die in weiten Teilen der Region noch vorherrscht, zu überwinden. Das Regionalmanagement Mittelhessen sieht in diesen Herausforderungen auch den Auftrag, die Stärken der Region noch gezielter zu kommunizieren und die Vernetzung der Akteure voranzutreiben, damit Mittelhessen auch in Zukunft ein attraktiver Wirtschaftsstandort bleibt.