Die Regionalmanagement Mittelhessen GmbH (RMG) will Arbeitgeber in der Region verstärkt bei der Umsetzung neuer Arbeitsformen unterstützen: „‘New Work‘ oder auch die ‚Arbeitswelt 4.0‘ gehört zu den Trends, mit denen sich Unternehmen aus unserer Sicht beschäftigen müssen“, sagte RMG-Geschäftsführer Jens Ihle jetzt in Gießen. Anlass ist die Ankündigung einer Kooperation der RMG mit XING. Das Regionalmanagement will gemeinsam mit dem Online-Karriere-Netzwerk ein neues Veranstaltungsformat schaffen, beim dem Arbeitnehmer und Arbeitgeber zum Thema „New Work“ in Dialog kommen.
Der Wandel durch die Digitalisierung spiele sich nicht nur auf technologischer Ebene ab, erläuterte Ihle die Bedeutung von „New Work“. Durch den Übergang von der Industrie- zur Wissensgesellschaft änderten sich auch Führungsprinzipien, Geschäftsmodelle und Arbeitsformen. Und: Betriebe, die hier entsprechend reagierten, schöpften nicht nur ihr Innovationskraft besser ab, sondern seien auch besser für den Konkurrenzkampf bei der Suche nach Fachkräften gewappnet, fügte der RMG-Geschäftsführer hinzu
Warum das Regionalmanagement das Thema Fachkräfte immer wieder auf die Tageordnung hebt, machte Ihle anhand von Zahlen deutlich: Laut einer Arbeitsmarktprognose des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales sind bis 2030 rund 2,9 Millionen Arbeitskräfte weniger verfügbar als heute. Dadurch wandele sich der Bewerbermarkt von einem Nachfrager- zu einem Anbietermarkt. „Der Wettstreit um die talentiertesten Mitarbeiter ist eröffnet“, betonte Ihle. Studien legten nahe, dass gerade der Mittelstand Probleme hat, offene Stelle zu besetzen.
Aus seiner Erfahrung wisse er zwar, dass diese Situation jeden Betrieb abhängig von Branche, Standort und Anforderungen an die Qualifikation unterschiedlich trifft, sagte der RMG-Chef. Alle Unternehmen teilten aber die Notwendigkeit, sich mit der digitalen Transformation auseinanderzusetzen. „Als Regionalmanagement sehen wir es als unsere Aufgabe an, die Arbeitgeber in unserer Region bei dieser Herausforderung zu unterstützen.“
Die Anpassung an durch die Digitalisierung geprägte neue Arbeitsformen kann nach Ansicht der RMG dabei helfen: Flexible Arbeitszeiten, Heimarbeit, flache Hierarchien und Arbeitswelten mit „Wohlfühlfaktor“ könnten nicht nur die Unternehmensleistung steigern, sondern auch zur Mitarbeiterzufriedenheit und damit zur Arbeitgeberattraktivität beitragen. Als Beispiel führt Ihle Google an: Der Internet-Konzern liegt seit Jahren weltweit an der Spitze bei der Arbeitgeberattraktivität; Mittelständler seien dagegen in dieser Kategorie unter den Top 100 nicht zu finden. Die digitalen, schnelleren und komplexen Prozesse erhöhten auch die Anforderungen an die Arbeitnehmer, fügt Ihle hinzu. „Führen wird dadurch nicht leichter.“ Hätte man vor 20 Jahren noch mit Gehältern locken können, stünden nun auch Faktoren wie Gesundheit und Vereinbarkeit mit der Familie.
Bei allen Herausforderungen sieht Ihle für Mittelhessen großes Potenzial: „Die Region hat die höchste Studierendendichte in Deutschland.“ Über 71.000 Studierende sind an den Hochschulen in Gießen, Marburg und Wetzlar eingeschrieben, annähernd 10.000 machen jedes Jahr ihren Abschluss. Die Tatsache, dass sich laut einer Absolventenbefragung der Philipps-Universität in Marburg von 2012 rund 70 Prozent von ihnen räumlich ungebunden fühlen, sei dabei Segen und Fluch zugleich. Denn obwohl der heimische Mittelstand aus diesem Fachkräfteangebot schöpfen könnte, verließen immer noch zu viele Hochschule-Abgänger die Region – auch weil die mittelhessischen Betriebe als potenziell attraktive Arbeitgeber für neue Fachkräfte nicht sichtbar genug seien, wie Ihle betont.
Ein Grund verortet der RMG-Geschäftsführer bei der Art, wie Firmen offene Stellen anbieten: „Personaler von heute suchen mit Methoden von gestern die Mitarbeiter von morgen“, zitiert Ihle den Geschäftsführer des Kölner Instituts für Managementberatung, Prof. Dr. Christian Dries. Bei vielen Begegnungen habe sich gezeigt, dass die Human-Ressources-Arbeit in der Unternehmensführung noch nicht die zentrale strategische Rolle einnehme, die für den Betrieb wichtig wäre. „Der Mensch als Gewohnheitstier trotzt der Digitalisierung.“ Um die Führungskultur der digitalen Transformation anzupassen, seien daher fünf Faktoren wichtig: Vernetztes Denken, ein offenes und vertrauensvolles Miteinander und agiles Arbeiten.
Künftig will das Regionalmanagement laut Ihle daher das Thema „New Work“ verstärkt auf die Agenda setzen und die passenden Dienstleistungen und Unterstützungsangebote ausbauen. Mit der Job-Matching-Plattform Mittelhessen Connect verfüge die RMG bereits über ein Werkzeug, um den mittelhessischen Arbeitgebern den Zugang zu qualifizierten Bewerbern zu erleichtern. Auch die Willkommenskultur für bereits angeworbene Fach- und Führungskräfte, die das Regionalmanagement mit seinem gleichnamigen Arbeitskreis und regelmäßigen Begrüßungsveranstaltungen der Reihe „Newcomers Day @ …“ pflegt, gehöre dazu.
Die Kooperation mit dem Karriere-Netzwerk XING ist nun das nächste Projekt, mit dem das Regionalmanagement die mittelhessischen Arbeitgeber auf dem Gebiet „neue Arbeitswelten“ unterstützen will: „In der Hamburger XING-Zentrale freut man sich auf die Kooperation mit uns“, sagte Ihle. Die XING AG habe erkannt, dass Mittelhessen mit seiner Wirtschafts- und Hochschul-Struktur eine hochinteressante Flächenregion ist.