Bei der Suche nach qualifiziertem Personal für die regionale Wirtschaft hat sich ein Arbeitskreis unter dem Dach des Regionalmanagements Mittelhessen seit einiger Zeit mit einer Bestandsaufnahme möglicherweise vernachlässigter Bevölkerungsgruppen beschäftigt. Nun hat der „AK Fachkräftepotenziale“ seine Arbeit abgeschlossen. Und dessen Leiter Dr. Gerd Hackenberg, Abteilungsleiter Aus- und Weiterbildung bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Lahn-Dill in Wetzlar, zog eine Bilanz, die bereits das Fundament für den nächsten Arbeitskreis legt: Dieses Gremium soll sich dann um einen Kreis potenzieller Arbeitskräfte kümmern, der zurzeit besondere Aufmerksamkeit benötigt.
Der Auftrag des Netzwerks Bildung im Regionalmanagement an den Arbeitskreis sei gewesen, herauszufinden, in welchen Bereichen in Mittelhessen bestimmte Personengruppen „als Potenzial für eine Ausweitung der Fachkräftebasis“ denkbar wären, sagte Hackenberg in der vergangenen Woche in Wetzlar. „Gibt es Personengruppen, die bislang zu wenig angesprochen werden.“ Der Arbeitskreis habe sich dann zunächst eine Übersicht verschafft, welche Angebote es bereits für bestimmte Zielgruppen gibt. Dabei seien folgende Kategorien untersucht worden: Teilzeit- und Minijobber – darunter vor allem Frauen -, An- und Ungelernte, Studierende und „Studienzweifler“, arbeitssuchende Menschen ab 50 Jahren sowie Migranten und Flüchtlinge.
„Großes Potenzial“ sieht der Arbeitskreis laut Abschlussbericht bei den Teilzeit-Kräften sowie bei den Studierenden und „Studien-Zweiflern“. Bei der Gruppe der „50Plus“ sei noch unklar, wie viele Personen aus diesem Kreis arbeitslos und –suchend seien. Und während es für den Kreis der Migranten bereits Veranstaltungen gebe, habe der AK vor allem in der Gruppe der Flüchtlinge sowohl ein großes Potenzial, als auch einen „gewissen Handlungsdruck“ ausgemacht. Dort seien kaum Angebote vorhanden, stellten die Arbeitskreis-Mitglieder mit - darunter Fachleute aus allen mittelhessischen Regionen und Bildungsbereichen. Wichtigstes Ergebnis ist nun die Gründung eines neuen Arbeitskreises mit dem Titel „Integration von Flüchtlingen in Ausbildung und Arbeit“.
„Wir haben zunächst quantitativ gearbeitet“, betonte Hackenberg. Dabei sei es auch darum gegangen, zu sehen, wie groß die jeweiligen Personenkreise überhaupt seien. „Bei einigen Gruppen brauchen wir noch bessere Zahlen der Arbeitsagentur.“ Die künftige konkrete, „qualitative Arbeit“ sollen dann nach Aussage des IHK-Berufsbildungsexperten neue Gremien leisten – wie der neue AK zum Thema Flüchtlinge, dessen Leiter Björn Hendrischke (Bild links), Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Gießen, sein wird. Unter seiner Leitung sollen sich in den kommenden zwei Jahren möglichst viele Akteure in Mittelhessen vernetzen, die sich um die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen bemühen, darunter insbesondere Jugendliche, die ohne Angehörige nach Deutschland gekommen sind. Das Ziel sei es, den Flüchtlingen eine Perspektive in der Region zu bieten.
„Nach der Analyse folgt die Umsetzung“, resümierte Jens Ihle, Geschäftsführer der Regionalmanagement Mittelhessen GmbH. Der neue Arbeitskreis starte in den kommenden Wochen. „Die Resonanz aus Kommunen und Wirtschaft ist sehr groß, denn das Thema Perspektive für diese Zielgruppe in Mittelhessen ist aus gesellschaftspolitischer und arbeitsmarktorientierter Sicht sehr wichtig.“ Eine Bündelung der Kräfte unter dem Dach der Regionalmanagement Mittelhessen GmbH sei hier sehr sinnvoll, sagte Ihle.
„In unserem Netzwerk Bildung greifen wir eine Frage auf, die sich viele Menschen in unserer Region stellen“, sagte Dr. Martin Pott, Vorsitzender des Netzwerkes Bildung und Leiter der mittelhessischen Geschäftsstelle der Handwerkskammer Wiesbaden: „Wie können wir den Menschen, die als Flüchtlinge zu uns kommen, helfen, Fuß zu fassen und eine Perspektive in Bildung und Arbeit zu finden?“ Gerade unbegleitete jugendliche Flüchtlinge kämen oft mit vielen schrecklichen Erfahrungen beladen und bräuchten die Chance, durch Schule und Ausbildung ihr Leben neu zu gestalten.
Pott rief dabei auch zu einer „weltoffene Willkommenskultur“ in Mittelhessen auf. „Das Netzwerk zur Integration von Flüchtlingen in Ausbildung und Arbeit, das wir mit vielen Partnern aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft starten wollen, kann dazu beitragen.“ Denn: „Die Menschen aus den Krisengebieten der Welt bringen viel Potenzial mit, das sie gerne dort einbringen möchten, wo sie Zuflucht gefunden haben.“